Aktuelle Ausgabe: Heft 5 (2024)
BIBLISCHE BESINNUNG
Katarína Kristinová:
Die außergewöhnliche Qualität
der Weisheit Gottes.
Predigt zu 1. Korinther 2,1–5. (295–298)
SCHWERPUNKT
Michael Karwounopoulos:
Das Pfarramt der Zukunft.
Vier Thesen, wie es aussehen könnte. (299–301)
Dirk Schwiderski:
Wege zum Pfarramt
als gemeinsame Aufgabe von Gemeinden,
theologischen Ausbildungsstätten und Kirchen. (302–310)
Stefan Kürle:
Dual Theologie studieren:
Gedanken zu einer wegweisenden Strategie
aus der Hauptamtlichen- und Nachwuchsmisere. (311–317)
Hajo Kenkel:
Pastor – (M)ein Traumjob. (318–321)
Heinzpeter Hempelmann:
Der Weg ins Pfarramt.
Was sind die Blockaden? (322–326)
Michael Herbst:
Gedanken zum Theologiestudium und Pfarrberuf. (327–330)
Ingolf Dalferth:
Wirkendes Wort –
Neuansatz evangelischer Theologie. (331–332)
AUFSÄTZE
Johannes Rehm:
Arbeit als geistliche Übung –
Zwölf Übungsschritte zu einem
evangelischen Arbeitsethos. (333–356)
The author explores what it means to work as a Christian. He presents twelve principles of a Protestant ethic of work. These principles can be understood as a path to a spiritual practice of work, and also as a tool for critical self-examination.
BERICHT
Michael Herbst:
„Gott finden im Meer der Möglichkeiten“.
Bischöfliche Reden aus Greifswald. (357–362)
Werner Thiede:
Ökumenische Eschatologie?
Kontroverstheologische Analysen
zur GER nach 25 Jahren. (363–380)
Why, even after a quarter of a century, has the “Joint Declaration on the Doctrine of Justification” (JDDE) not led to any major progress in bilateral relations between the two major denominations? Obviously, there has only been consensus on some of the so-called “fundamental truths” of the doctrine of justification. In particular, the eschatological tip of the New Testament doctrine of justification (e. g. John 5:34), which had become essential for Reformation theology, has been left out. Some ecumenical convergences in the field of eschatology since the second half of the 20th century cannot hide the remaining differences in the basic understanding of the grace of justification.
BÜCHER: 381–383
EDITORIAL
Seien Sie gewarnt! Dieses Heft hat es in sich! Sein Umfang übersteigt nicht umsonst alle bisherigen Einzelhefte bei weitem. Es geht vor allem um ein herausforderndes Thema: Die Zahl der Studentinnen und Studenten der Theologie und Gemeindediakonie hat in den letzten Jahren stets neue Tiefststände erreicht. Gemeindepfarramt und Gemeindediakonie haben massiv an Attraktivität verloren. Die Ausbildungsreferentin einer Gliedkirche der EKD meint: „Die Lage ist ernst!“ Ja, der Dekan einer Theologischen Fakultät hat sogar vorgeschlagen, die enge Verbindung zwischen universitärer Theologie und Kirche zu lösen und Theologie auch für jene interessant zu machen, die keinen Dienst in der Kirche anstreben.
Weithin gehört den Theologischen in der Zählung der Fakultäten die Nummer Eins. Und doch ist die Theologie zu einem „Orchideenfach“ geworden, das bei den Religions- und Literatur- sowie Kulturwissenschaften eine neue Ausrichtung sucht – auch um des eigenen Überlebens willen.
Die klassische Verbindung zwischen universitär-theologischer Ausbildung und kirchlicher Anstellung im Pfarramt hat die Verlässlichkeit vergangener Zeiten verloren. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen ist der Bedarf an theologisch ausgebildetem Personal zurückgegangen. Auf der anderen Seite stöhnen nicht nur Pfarrpersonen über (Selbst-)Ausbeutung. Arbeitszeit und -umfang scheinen nicht mehr zu den modernen Unterscheidungen von professioneller Arbeit und Privat- bzw. Familienleben zu passen. Zu eng sind beide Bereiche im Alltag miteinander verzahnt. Zu stark pendeln Pfarrpersonen zwischen hoher Berufszufriedenheit und Burnout hin und her – und zuviele neigen am Ende dem ungesunden Extrem zu. Professionalisierung, Spezialisierung, Regionalisierung, Arbeitszeitbegrenzung sind Stichworte aktueller Diskussionen.
Ganze sieben Artikel beleuchten aus unterschiedlichen Blickwinkeln die Herausforderungen: Sie finden sehr grundsätzliche neben sehr konkreten Überlegungen für Universität/Hochschule und Kirche sowie einen sehr persönlichen Bericht. Allen Statements gemeinsam ist die Liebe zum Theologiestudium und Dienst in der Kirche sowie die Einsicht, dass sich etwas ändern muss. Die sich durchziehende Leitfrage ist: „Wie kann das Theologiestudium und der Pfarrberuf wieder attraktiver werden?“ Ja, Sie werden sogar sehr grundstürzende Anfragen finden: Müssten die Ämter, ihre Zuordnung, ihre Profilierung nicht ganz neu reflektiert werden und die für sie qualifizierenden Ausbildungsgänge – besonders unter dem neuen Vorzeichen der Regionalisierung? Müsste nicht zuerst gefragt werden: Welches Personal braucht es eigentlich, um Menschen von heute und morgen für das Evangelium zu interessieren, mit dem Evangelium zu infizieren, die es noch nie waren?
Da es auch um das Verständnis von Arbeit geht, haben wir einen Artikel beigefügt, der an unser Heft 4 des letzten Jahrgangs zu New Work anknüpft: Zwölf Schritte werden angeboten, die die Einübung eines evangelischen Arbeitsethos ermöglichen.
Den Beitrag, den unsere Zeitschrift leisten möchte, halten Sie nicht nur gedruckt in den Händen. Sie sind auch eingeladen, sich aktiv in die Diskussion einzuklinken. Die Einladung zum nächsten Live-Gespräch haben Sie auf der ersten Seite dieses Editorials gefunden.
Und unser Beitrag ist nicht nur diskursiv, sondern – wie immer auch – meditativ. Die Biblische Besinnung, die dieses Heft eröffnet, fragt nach der besonderen Weisheit, um die es im christlichen Glauben und Leben und Denken geht, auch und besonders in der Arbeit von haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden sowie in ihrer Ausbildung.
Überdies finden Sie in diesem Heft zwei Berichte: Unter dem Titel Gott finden im Meer der Möglichkeiten sind Predigten des letzten Bischofs der Pommerschen Evangelischen Kirche erschienen. Der Bericht macht Lust, sich in dieses Buch zu vertiefen. – Und: Vor 25 Jahren sollte die gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre neue ökumenische Verbundenheit schaffen. Eine spannende Frage ist dabei die nach einer gemeinsamen Eschatologie. Dieser Bericht macht Lust zu weiterem ökumenischem Nachdenken und Annähern.
Trotz der Fülle an Beiträgen fehlen am Ende die Rezensionen nicht.
Nun hoffen wir, dass Sie trotz Warnung bis hierhin gelesen haben und nun Gewinn bringend in die Lektüre einsteigen. Denn Herausforderungen werden bekanntlich nicht geringer, wenn wir sie übersehen oder übergehen.
Ihre Herausgeber Reiner Braun & Martin Reppenhagen
Aktuelle Ausgabe: Heft 4 (2024)
BIBLISCHE BESINNUNG
Eduard Thurneysen:
Die enge Pforte.
Predigt zu Lukas 15,3–7. (218–226)
SCHWERPUNKT
Christoph Glimpel:
Die Metapher des „neuen Sehens“ bei Eduard Thurneysen und ihre Impulse für Menschenbild, Gottesbild und Kirchenbild. (227–239)
The essay explores Thurneysen's use of the metaphor of “new seeing” and works out its systematic-theological implications. From there it develops impulses for a christological understanding of man, of God and of the church. Because Thurneysen's “new seeing” is determined from the outset by christology and justification theology, it could also be understood as “christological aesthetics”.
QUELLE
Rudolf Bohren:
Von der Biographie im Allgemeinen und des Lehrers Eduard Thurneysen im Besonderen. (240–242)
AUFSÄTZE
Oliver Lutz:
Heilung durch Gebet, Sündenbekenntnis und Salbung?
Die Seidenweberin Dorothea Trudel (1813–1862) und ihre Erfahrungen mit Jakobus 5 – eine Skizze. (243–252)
This article examines how Dorothea Trudel (1813–1862) practiced the prayer for healing and anointing with oil according to James 5. Numerous people testified that Trudel had healed them. The first traces that lead to her healing ministry can be found in her biography. Historical sources are used to show how Trudel came to the ministry according to James 5 and how it worked out in practice.
Martin Reppenhagen:
Kirchen in der Krise – die Mainlinekirchen in den USA. (253–267)
The situation of the mainline churches in the USA may be described as churches in crisis. For a very long time these Protestant churches were in the centre of society, but now they are at the margins. On a free religious market other churches like mega churches have been more successful. To an only very limited extend mainline churches were able to integrate immigrants despite their standing up for an open society. Internal church debates on ethical issues and schisms caused further turbulences. The fate of the mainline churches seems to be an ongoing decline without signs of change.
BERICHT
Henning Wrogemann:
Postkoloniale Theorie auf dem Prüfstand – Kritische Stimmen zu Edward Saids Orientalism und seinen Wirkungen. (253–267)
The significance and effects of the colonial past of a number of European countries are controversially discussed still. In the discourse since the 1970s, representatives of so-called postcolonial studies in particular have stood out for their fierce and widespread criticism. A key work of this approach is the book Orientalism (1978) by Edward Said, whose main theses firstly are outlined. Secondly his book is subjected to criticism using the example of the Indian philosopher Aijaz Ahmad and global historical observations. Finally, contrary to postcolonial and postmodern approaches, it is argued that orientation towards basic principles of Enlightenment philosophy is essential to solving current problems worldwide.
DOKUMENTATION
Reiner Braun:
Laudatio et Oratio anlässlich des 70. Geburtstags von Heinzpeter Hempelmann. (280–283)
BÜCHER: 284–292
EDITORIAL
Vor 50 Jahren ist er in Basel gestorben: der Schweizer Pfarrer und Praktische Theologe Eduard Thurneysen, der in seiner Seelsorgelehre konsequent die Dialektische Theologie aufnahm und mit seinem kerygmatischen Ansatz in der Seelsorge bis heute wirkt; der „Bruch im seelsorglichen Gespräch“, durch den es zur Verkündigung des Evangeliums an den oder die Einzelne komme, ist sein „Markenzeichen“. Daneben hat er als Prediger über seine Zeit hinaus gewirkt. So beginnt dieses Heft mit seiner über hundert Jahre alten Predigt, die mit überraschender Brisanz und Aktualität deutlich macht: Nicht menschlich-religiöse Anstrengung und Erhebung führen zu Gott, sondern das Heruntersteigen, die Buße – und der „Bankrott der Kirche“.
Dass Christoph Glimpel seinen Artikel zu Thurneysen mit einem Erlebnis zu Dostojewskis „Brüder Karamasow“ beginnt, führt direkt zum Thema hin. Denn der Schweizer Theologe gilt auch als Kenner des russischen Schriftstellers. Dies verbindet sich mit dessen Rede vom „neuen Sehen“, das sich als ein solidarisches Sehen mit allen Menschen in Sünde und Gnade verbindet und christologisch qualifiziert wird. Von Christus her werden Menschen- und Gottesbild sowie Kirchenbild bestimmt.
Mit Zitaten von Rudolf Bohren, einem Schüler Thurneysens, schließen wir das Schwerpunktthema dieses Heftes ab: „Eduard Thurneysen, der Lehrer, macht uns vor, wie man als Pfarrer Theologe und als Theologe Pfarrer sein und in beidem Mensch bleiben kann.“
Aber auch der Autor Oliver Lutz und sein Thema, das er in seiner Dissertation bearbeitet hat, sind in der Schweiz verortet: Die Seidenweberin Dorothea Trudel hat Erfahrungen mit Jakobus 5 und der Krankenheilung gemacht.
Mit „Kirchen in der Krise“ lenkt Martin Reppenhagen den Blick auf Entwicklungen in den protestantischen Traditionskirchen („Mainline-Churches“) in den USA. Er stellt vergleichbare Schrumpfungsprozesse sowie einen deutlichen Relevanzverlust der ehemaligen Großkirchen auf beiden Seiten des Atlantiks fest. Unterschied zu Europa: Dort geht selbst nach Corona noch knapp ein Viertel aller US-Amerikaner wöchentlich zum Gottesdienst!
Seit den 1970er Jahren haben postkoloniale Studien zunehmend an Bedeutung gewonnen. In letzter Zeit nehmen allerdings kritische Stimmen zu. So stellt Henning Wrogemann anhand eines Grundsatzwerkes den Postkolonialismus auf den Prüfstand.
Im Rahmen des Festakts zum 70. Geburtstag von Heinzpeter Hempelmann hat Reiner Braun die Laudatio gehalten, die er in das Lob Gottes münden lässt.
So wünschen wir allseits eine entdeckungsreiche Lektüre!
Ihre Herausgeber
Reiner Braun und Martin Reppenhagen
P.S. Bitte beachten Sie, dass wir das Thema „Zukunft der Kirche und des Pfarramts“, das wir im letzten LIVE-Gespräch behandelt haben, in zwei weiteren Online-Veranstaltungen fortsetzen! Dazu finden Sie Informationen auf Seite 239.
BIBLISCHE BESINNUNG
Michael Herbst:
Worum geht es im christlichen Glauben?
Predigt zu 1 Joh 4,14–211. (154–158)
AUFSÄTZE
Rainer Riesner:
Eine andere Geschichte der synoptischen Tradition.
Erinnern, Gedächtnis und Memorieren. (159–174)
The Gospel tradition originates in Jesus as a messianic teacher. His poetically formed teaching summaries and pictorial parables were able to imprint themselves on the memory of his listeners. A reliable oral tradition was underpinned early on by informal written records. Through the community of disciples, a continuity of tradition existed until the writing of the Synoptic Gospels..
Matthias Becker:
Zeugnis und Medium des göttlichen Redens –
Überlegungen zu Bibelphilologie und Schriftbindung. (175–195)
Academic exegesis is still widely understood to be (only) a historical discipline. This paper, following various calls for the inclusion of ‘theological exegesis’, presents a sketch of what a holistic exegesis could look like against the backdrop of current debates on biblical authority. Four interrelated modes of reading the Holy Scriptures are discussed: (1) Reading them historically, (2) reading them as artfully composed works of literature, (3) reading them theologically as a source of knowledge about the triune God, and (4) reading them in such a way that they have an impact in and on the lives of believers.
BERICHT
Magnus Rabel:
Neutestamentliche Theologie als Missionstheologie.
Zu einem gewichtigen Werk von Eckhard Schnabel. (196–200)
Volker Gäckle:
Brückenschlag zwischen Theologie und Gemeinde:
Die neue Stuttgarter Erklärungsbibel. (201–203)
QUELLE
Georg Schulz:
Die geistliche Erneuerung der Kirche und ihres Personals. (204–209)
DOKUMENTATION
Klaus Haacker:
Verbreite Frieden gnädiglich! (210)
BÜCHER: 211–215
EDITORIAL
Man könnte die jüngste Ausgabe der Theologischen Beiträge als basal bezeichnen, geht es doch um Grundlegendes zum christlichen Glauben, zur Einleitung ins Neue Testament sowie zur Hermeneutik.
So fragt Michael Herbst nach dem Inhalt des christlichen Glaubens und verweist, zunächst kaum verwunderlich, auf die Liebe. Doch wenn Gott als die Liebe bezeichnet wird, kommt es auf die Reihenfolge an, denn nicht „Die Liebe ist Gott“! Diesen Gott, der die Liebe ist, hilft der Prediger zu entdecken.
In Aufnahme des memory approach wendet sich Rainer Riesner der synoptischen Tradition zu und betont, dass Jesus nicht nur Wichtiges sagen wollte, sondern auch Wert darauf legte, dass sich die Hörer seine Worte merkten. Mit Verweis auf entsprechende Techniken betont Riesner die Verlässlichkeit der Überlieferung und zieht Folgerungen für die Datierung.
Überlegungen zu Bibelphilologie und Schriftbindung stellt Matthias Becker an, den wir herzlich als Mitherausgeber im Beirat unserer Zeitschrift begrüßen – als einen, der von Martin Hengel her biblische Exegese „immer auch als ,kirchliche Wissenschaft‘ “ versteht und auf eine ganzheitliche Exegese abzielt. Denn die Bibel ist zwar Menschenwort, aber doch „mehr als Menschenwort“.
Dem gewichtigen Werk zur neutestamentlichen Theologie von Eckhard J. Schnabel, nach dem das NT zutiefst missionarisch ist, wendet sich Magnus Rabel zu.
Volker Gäckle hat die im Vorjahr erschienene Stuttgarter Erklärungsbibel unter die Lupe genommen und zeigt sich im Ganzen begeistert von diesem Werk, das die Früchte exegetischer und hermeneutischer Einsichten und Hilfsmittel für Gemeindearbeit und persönliche Schriftmeditation zugänglich macht.
Wenn wir Auszüge aus einer Rede bei der Barmer Bekenntnissynode abdrucken, so geschieht das zwar anlässlich des 90. Jubiläums, vor allem aber, weil wir den Eindruck haben: In den aktuellen kirchlichen Transformationsprozessen ist diese Stimme von besonderem Wert.
Erstmals publizieren wir ein Lied. Unser ehemaliger Herausgeber Klaus Haacker hat dieses bislang unveröffentlichte Friedensgebet 2009 verfasst. Es erscheint heute leider noch aktueller als vor 15 Jahren.
Die Theologischen Beiträge verdanken Heinzpeter Hempelmann viele theologische und philosophische Impulse und Aufsätze. Von 1997 bis 2020 hat er die Zeitschrift als Herausgeber verantwortet. In diesem Jahr feiert er seinen 70. Geburtstag. Wir gratulieren ihm herzlich und danken für die langjährige Verbundenheit.
Nun wünschen wir Ihnen beim Lesen so manche basale Entdeckung, auf dass sich die Bibelworte wie „güldene Buchstaben ins Herz schreiben“ (Martin Luther).
Ihre Herausgeber
Reiner Braun und Martin Reppenhagen
BIBLISCHE BESINNUNG
Magnus Rabel:
Lässt Gott mit sich reden?
Predigt zu Genesis 18,16–33. (82–90)
AUFSÄTZE
Hanna Stettler:
Pfarramt im Wandel –
aus neutestamentlicher Perspektive betrachtet. (91–110)
Churches in German-speaking countries are facing an enormous shortage of vicars and an even greater shortage of candidates for the ministry. The most common reaction of church leaders to this problem is to merge congregations and thin out the “program”.
From a New Testament perspective, this exclusive focus on “ministry” is more than problematic. In the NT, leadership is one gift among many others. According to Eph 4:11s, the task of ministers is to empower the bearers of the manifold gifts that the Spirit of God has distributed in the church, not to replace all others.
This article shows how the office of “vicar” as the one who acts “vicariously” for all others has developed up to the concept of priesthood in the Catholic Church, and how it has also been preserved in the churches of the Reformation. It argues from the concept of the body of Christ that vicars should be enablers rather than putting on a one man (or woman) show.
The article concludes with examples from the global church where vicars are employed as trainers rather than carers, enabling the church to mature in their walk with Christ and put their gifts at his service. At the same time this allows for the church to stay close to the people in every village and neighbourhood.
Wilfrid Haubeck:
Zur Soteriologie des Epheserbriefs. (111–124)
In Ephesians, different metaphors are used to describe the soteriological significance of the death of Jesus Christ for humanity. The idea of a new creation is used, in which the Gentiles, who are characterised as dead, are made alive together with Christ through faith. In addition, the metaphors of salvation from death and reconciliation are used to describe the present bestowal of salvation on believers. The unique salvific event of Christ’s cross and resurrection is signified by the ideas of reconciliation and ἀπολύτρωσις. Overall, there is a great correspondence in content between the soteriological ideas of the Letter to the Ephesians and the undisputed Pauline Epistles.
Corinna Schubert:
Kreativität – Ein Zauberwort unserer Zeit. (125–136)
What has become a trendy topic in our time can already be found as a basic idea that runs through the Bible: Innovation and creativity are essential characteristics of God. In the same way, God created humankind in his image and likeness in an innovative and creative way. This article shows how human creativity corresponds to divine creativity, but also where there are differences: Humans can develop new things from what is (pre)given to them. However, only God can create something completely new. In the Lutheran sense, this distinction can be both law and gospel for man: a warning, a healthy limit, but also an encouragement to creatively and innovatively shape the space given to him with what has been entrusted to him.
Bericht
Rainer Riesner:
Subjektiver Glaubensimpuls oder geschichtliche Offenbarung Gottes? Kritische Anmerkungen zu einer
neutestamentlichen Forschungsgeschichte. (137–141)
BÜCHER: 142–152
EDITORIAL
„Lässt Gott mit sich reden?“ So fragt Magnus Rabel in seiner Predigt und nimmt uns auf einen hermeneutischen Weg mit. Denn „verbunden sind Gott und Mensch durch das Wort“. Erst durch die Gottesrede kann der Menschen antworten. Dabei ist es diese Herabneigung Gottes, die es möglich macht, dass Abraham für Sodom bittet und damit Gott aufhält.
Angesichts des strukturellen Wandels in der Kirche fragt Hanna Stettler nach den Wurzeln des Pfarramts im Neuen Testament. Die Gemeinde wird hier als Gemeinschaft verstanden, die von der Beteiligung aller lebt. Leitung geschieht daher im Miteinander der verschiedenen Dienste und Gaben. Nach einem Durchgang durch die Kirchengeschichte zieht die Professorin und Pfarrerin praktische Folgerungen für eine Beteiligungskirche.
Wilfrid Haubeck, ebenfalls Neutestamentler, beschäftigt sich mit der Soteriologie im Epheserbrief und zeigt, wie gerade in Zeiten der Anfechtung eine Vergewisserung der Gnade mit einem deutlichen Christusbezug durchträgt.
Einem „Zauberwort unserer Zeit“ widmet sich Corinna Schubert: Kreativität. Dabei zielt sie auf eine theologische Durchdringung des Begriffs ab. So hat menschliche Kreativität ihren Ursprung in Gottes Schaffen am Anfang der Zeiten. Gott selbst schafft aus dem Nichts, anders als Menschen. Vielmehr erweist sich die Kreativität des Menschen als eine „abgeleitete Innovationskraft“. Am Ende kommt die unter Innovationsdruck stehende Kirche in den Blick.
Rainer Riesner schaut in eine jüngst erschienene neutestamentliche Forschungsgeschichte. In seiner Darstellung des Inhalts und kritischen Auseinandersetzung zeigen sich die Nähe zu Rudolf Bultmann sowie die eine oder andere Auslassung. Zum Füllen der benannten Lücken finden sich in den Fußnoten reichhaltige Literaturhinweise.
Wir wünschen Ihnen hilfreiche Impulse für das eigene Weiterdenken und -arbeiten, auch durch die vielfältigen Buchbesprechungen.
Ihre Herausgeber
Reiner Braun und Martin Reppenhagen
P.S. Wenn sich zwei Dekane der Frage stellen, ob es nicht neue Zugänge zum Pfarramt braucht, sollten Sie unbedingt dabei sein, mitdenken und gerne auch mitreden. Das nächste LIVE-Gespräch unserer Zeitschrift findet am 20. 6. 2024 um 19 Uhr online statt. Wir freuen uns über alle, die unsere Weggemeinschaft bereichern. Näheres S. 90.
BIBLISCHE BESINNUNG
Andreas-Christian Heidel:
Gott wird Geschichte. Meditation über Hebräer 1,1–4. (2–5)
AUFSÄTZE
Reiner Braun:
Lustvoll Neues predigen – und zwar Altes (Matthäus 13,52). Impulse zu einer Homiletischen Existenz. (6–15)
Preaching in the 21st century is a great challenge. Based on Jesus and in conversation with Rudolf Bohren, the author offers reflections on why and how it is still worthwhile today to devote a great deal of attention to the work of preaching and to leading a homiletical existence.
Michael Herbst:
Das Anvertraute weitergeben.
Ein Plädoyer für die Predigt. (16–27)
Starting from the painful experience of preachers who preach without any resonance and from an emerging fundamental questioning of the importance of preaching, this paper reminds the readers of the original motivation to preach: the enjoyment of the gospel of the risen Christ. It also recalls the experience of the first witnesses that their testimony caused mixed reactions: faith, indifference, and resistance. Nevertheless, the author tries to ensure that believers need sermons in order to be confident about the gospel, and that preaching is (according to Karl Barth) one mode of the Word of God. And he tries to encourage to share frustrating experiences with colleagues, to make use of ongoing homiletical training, and to keep working on the homiletical craftsmanship. Finally there is hope that people experience: “Were not our hearts burning within us while he talked with us on the road and opened the Scriptures to us?” (Lk 24,32 NIV).
Ralf-Thomas Klein:
Warum christliche Glaubensüberzeugungen Wissen sein können. Erkenntnistheoretische Einsichten von René Descartes bis Alvin Plantinga. (28–44)
Philosophical and theological epistemologies often describe (Christian) faith as inferior to knowledge, and sometimes even claim that it is impossible to know anything about God. By considering epistemological insights of Renè Descartes, Thomas Reid and Alvin Plantinga, I try to show (i) that without faith there can be no knowledge for human beings, (ii) that to trust the reliability of our cognitive faculties is the only reasonable starting point for any intellectual endeavor, and (iii) that – granted (i) and (ii) – Christian beliefs can be knowledge under certain circumstances.
Heinzpeter Hempelmann:
Das moderne Projekt der Selbstbegründung ist gescheitert. Wie sieht das neue landscape aus? (45–69)
The modern era and modernity are characterized by a competition and increasingly a conflict between faith and knowledge, revelation and reason. The author examines how the modern promise of finding a foundation of knowledge that is independent of revelation and can even take the place of faith-knowledge cannot be fulfilled and how the project of self-justification ultimately fails in the postmodern diffusion of reason ("the reason" – singular!). Finally, it is discussed how theology can gain new opportunities for articulation and plausibilization in the postmodern landscape beyond the position of a merely assertive, no longer convincing theology.
Bericht
Rainer Mayer:
Dietrich Bonhoeffer: Heiliger und Irrlehrer zugleich?
Notwendige Notizen anlässlich eines neuen Buches zu Bonhoeffers Theologie. (70–76)
BÜCHER: 77–80
EDITORIAL
Den Auftakt des hier vorliegenden Heftes machen vier Verse, die in nuce das ganze Evangelium beinhalten. Denn Gott wird Geschichte. In seiner Meditation zu Hebräer 1,1–4 geht Andreas-Christian Heidel der Bewegung Gottes in unsere Wirklichkeit und Kultur nach. Denn Gott „hat Lust auf uns“.
Zwei weitere Liebhaber des Predigens haben sich getroffen und im gemeinsamen digitalen Dialog Plädoyers für die Predigt formuliert. Denn der Schwanengesang über die Predigt bzw. die Kanzelrede ist schon angestimmt, was nicht für Reiner Braun und Michael Herbst gilt. Dabei nimmt ersterer Impulse von Rudolf Bohren auf, lässt sich von ihm Lust zum Predigen machen und über das Wort zu staunen, um andere ins Staunen zu führen – gegen die Langeweile. Dazu rät er zu einer „Homiletischen Existenz“.
„Die Predigt hat Anteil an der kirchlichen Schwindsucht“, ist die nüchterne Feststellung von Michael Herbst, ohne aber die verbreitete Resignation zu teilen. Denn ein Blick auf die ersten christlichen Prediger zeigt, dass sie es gar nicht haben lassen können – und das trotz erheblichen Widerstands und des Vorwurfs der Torheit. Persönlich bekennt der Autor: „Ich predige für mein Leben gern. Regelmäßig.“ Um anderen dazu zu verhelfen, gibt er gutes Handwerkszeug an die Hand.
Dem Gebiet der Erkenntnistheorie ist der zweite Schwerpunkt des Heftes gewidmet. Ralf-Thomas Klein geht der Frage nach dem Verhältnis von Glaube und Wissen nach. Hier darf weder René Descartes fehlen noch der Philosoph Alvin Platinga, einer der bedeutendsten Vertreter einer reformierten Epistemologie. Wie steht es dabei um das menschliche Erkenntnisvermögen? Und können Glaubensüberzeugungen Wissen sein?
Heinzpeter Hempelmann nimmt Kant auf und verweist auf dessen Zeitgenossen Hamann, der mit der Dekonstruktion der Kantschen Auffassung von Vernunft begonnen hat. Was dann folgt, ist eine tour d‘horizon, die in drei postmoderne „Non-Fundamentalismen“ überführt. Hempelmann geht schließlich in seiner theologischen Stellungnahme zwischen Aufnahme und Bestreitung auf diese postmodernen Positionen zur Vernunft ein und bietet eine Orientierung für dieses Terrain.
Bonhoeffer wird weiterhin gern gelesen und zitiert. Besonders seine knappen Gedanken über ein religionsloses Christentum haben zu weiteren Diskussion geführt, was denn Bonhoeffer damit gemeint habe. Rainer Mayer geht in seinem Artikel Motiven und Meinungen nach, bei denen Bonhoeffer entweder als Heiliger oder als Irrlehrer erscheint.
Ob nun Meditation oder Predigt, Vernunft oder postmoderne Dekonstruktion, ob nun Heiliger oder Irrlehrer – wir wünschen Ihnen beim Lesen so manche Entdeckung und vor allem, dass Sie nicht schweigen können von dem, der spricht, auf dass es geschicht (Ps 33,9).
Ihre Herausgeber
Reiner Braun und Martin Reppenhagen
BIBLISCHE BESINNUNG
Johannes Reinmüller:
Christliche Gemeinschaft als Teilhabe. (268–270)
Henrik Imwalle:
Nächstenliebe im Leib Christi. (271–273)
AUFSÄTZE
Ralf Frisch:
Wer, was und wo ist der Leib Christi? Fundamentalchristologische Erkundungen. (274–292)
The author tells the story of Christian sacramental theology and Christian ecclesiology as the story of a theological compensation. Since Easter Sunday, the primal absence of the Lord’s body has been compensated for in different ways. The longing for the missing body of Jesus is mystically expressed as an erotic craving for Christ. It is ecclesiologically outweighed by identifying the congregation with the body of Christ. And it is eucharistically handled in many manners. Roman catholics believe in a transubstantiation of the elements. In Calvinism, the thought of a real absence of Christ is powerful. Lutherans think about Christ being real present in the Lord’s Supper. In a secular modern age, the temptation to identify humanity with Christ gets bigger and bigger. The influence of Hegel's philosophy can hardly be overseen. But when humane humanity is regarded as the true Christianity, the visible church vanishes and Christology and ecclesiology dissolve into anthropology and ultimately into ethics. This can be seen in Dietrich Bonhoeffer's theology. For Bonhoeffer, humankind becomes more and more sacramental. God, on the other hand, becomes weaker and weaker. This collapse of God, however, overburdens humanity which is left alone with itself. In contrast to Bonhoeffer and Hegel, Ralf Frisch recalls eschatology, namely the hope in the second coming of Christ. To believe in the world as its own saviour is a hopeless idea. And it’s also hopeless to believe in the church saving itself. Rather, the Christian church is the bride of Christ. The church belongs to God. Only He can and He will save her. And this is the only really encouraging human und Christian thought.
Torsten Uhlig:
Leben im Netz.
Alttestamentliche Impulse zum Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft. (293–308)
Torsten Uhlig asks for the relationship between the individual and society in the Old Testament. He shows how in Old Testament anthropology the psychosomatic wholeness of a person and his/her integration within society correspond to each other. When he/she is excluded from community, his/her whole life “falls apart”, as is shown with respect to Ps 22. Despite the high esteem for community in the Old Testament, it does not refrain from strong criticism, where society threatens the life of the individual. Torsten Uhlig highlights the threat of life through a society’s disturbed relationship with God, disturbed social life and disturbed communication. One contribution of the Old Testament is its subtle balance between the individual and society, which is illustrated by some examples. This balance is further amplified in those texts that promise a renewal – both for the people of Israel as a community and its individuals.
Benjamin Schließer:
Ein Verein unter vielen?
Die ersten Christusgemeinschaften und antike Vereine. (309–320)
Comparative research on Greco-Roman voluntary associations and early Christ groups is flourishing. Recent studies tend to highlight striking analogies, downplaying what makes Christian communities unique. This essay recalls some distinctive features: Christ groups identified themselves as ekklesia, emphasizing inclusivity beyond social norms. Unlike many associations, they did without membership fees. Women played a remarkable role in community leadership. While the communities valued helping the needy, their approach differed from civic models. They were missionary and maintained a global network. Their intellectual activities and literature production set them apart. In essence, they embodied a new “social imaginary,” shaped by their Christology – thus offering thought-provoking insights even for modern-day churches.
Heinzpeter Hempelmann:
Gemeinschaft als menschliches Grundbedürfnis und in unterschiedlichen soziokulturellen Ausformungen. (321–332)
The human being is a being in community. Many theorists and practitioners of church development and congregational formation call for more fellowship in order to renew the church. This often assumes a certain, culturally conditioned and historically developed, seemingly self-evident ideal of community. Using the SINUS® milieu model, the author demonstrates that community is lived, thought of and desired in very different ways. The church must ask itself how it deals with these findings and whether it is enough to simply restore an ideal of community that has long been normative for a middle-class church.
Michael Herbst:
Normen und Formen.
Lebensrhythmen in der Moderne und das Gemeinschaftsleben in der Kirche. (333–351)
From the first days of Christianity faith in Jesus Christ includes fellowship and communion with other Christians. From a theological perspective discipleship demands brotherly and sisterly love. From a sociological perspective faith in a minority situation (in order to be resilient) requires the relevant ‚other‘ who shares what I believe. On the other hand the cultural context of fellowship has shifted: people are not only busy in multiple relations. They often don’t share any more the same rhythms of time. Short-time participation and temporal commitment complicate the ‚mission‘ to build up stable faith communities. If we don’t follow a general low opinion of fellowship, we will have to combine flexibility and responsibility and create fresh expressions of fellowship in our local churches. Digital and face-to-face meetings can complement each other. The same is true for long-term and short-term models of fellowship. By all means it is crucial to value communion and to strongly recommend the value of fellowship to those who discover faith in Christ.
Holger Sievert:
Neuentdeckung des digitalen (Kirchen-)Raums? Beobachtungen und aktuelle Befunde aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht. (352–367)
Many people associate church spaces (as well as church communities in general) primarily with analogue ideas. However, mainly due to the Corona pandemic, digital church spaces have also gained significantly in importance in recent years; some authors even call them the “new normal” in the church context. This article contributes some observations primarily from a communication and general social science perspective as well as, above all, current, largely own empirical findings. Most of them come from a 2023 survey of 5,000 church members and church staff. Five summarising theses on the digital church space are formulated in conclusion.
Hier gibt es den Aufsatz digital für alle zum Herunterladen sowie die Grafiken, um sie auf dem Bildschirm größer zu sehen.
Kristina Imwalle:
Der Bibliolog als besonderes Gemeinschaftserlebnis. (368–371)
The quality of fellowship in Bibliolog sessions is a special one. Not only is the engagement with the biblical text more intense, as I’m invited to connect my own interpretation with the known and unknown aspects of the text. But also do the interpretations of the others touch me more direct, as I’m thinking myself into the same role at the same time. Finally: one might feel a special connection with the God, whom those texts deal with and who is present in his word.
Friedmann Eißler:
Mensch und Gemeinschaft vor Gott –
Grundzüge der islamischen Umma. (372–382)
God creates man (Adam) as His khalifa “Vicegerent” on earth, part of whose task is the reception of true knowledge from God which measures human efforts of reason. The primordial covenant taken from all children of Adam corresponds with the original disposition (fitra) of man to live according to the revealed will of God as a Servant of God. Whoever turns to God bringing to bear his natural inclination as a Muslim is part of the Umma, the transethnical, universal Islamic community of believers.
The Islamic era begins with the formation of the Umma in Medina serving as an ideal for a Sharia-shaped social order until today. Qur’anic key passages on the characteristics of the Umma are discussed, examples of interpretations preeminent in the tradition are given. The classical categorisation of Muslims, Dhimmis/Ahl al-Kitab and Non-Muslims/Unbelievers is at the core of the Umma concept consolidating the dividing lines already laid out in the Qur’an. The Cairo Declaration on Human Rights and the Declaration of European Muslims (M. Cerić) are adduced as examples of contemporary actualisations of the concept indicating that despite the diffuse notion and historically diverse interpretations there is a strong impact of the Umma concept on today’s Muslim self-perception.
DOKUMENTATION
Reiner Braun:
Wie die Worte des Paulus in Korinth ankommen. Bibliolog zu 1. Korinther 12 und 13 in Auswahl. (383–386)
Michael Karwounopoulos:
Chancen der Volkskirche in der Krise der Kirchen.
Sechs Thesen als Anregung zum Gespräch. (387–388)
QUELLE
Søren Kierkegaard:
Ein Einzelner. (389–391)
Dietrich Bonhoeffer:
Gemeinsames Leben, Auszug. (392–394)
BERICHT
Andreas Schmierer:
Zwischen pietistischer Prägung und ökumenischer Vielfalt: die Metropolregion Stuttgart. (395–398)
BÜCHER
EDITORIAL
Im März dieses Jahres fand das 2. Symposium der Theologischen Beiträge im Tagungszentrum Schmerlenbach bei Aschaffenburg statt, unter dem Titel: „Viele Glieder – (K)ein Leib. Theologische Impulse zu einer gemeinschaftsorientierten Ekklesiologie“. Es ging um Fragen des Kirchen- und Gemeinschaftsverständnisses, um Digitalisierung und Leiblichkeit. In einer Gesellschaft, die gern mit dem Zusatz „Singularitäten“ (Andreas Reckwitz) näher bestimmt wird, sowie in Zeiten einer zunehmenden digitalen Kommunikation stellt sich die Frage nach Leiblichkeit und Gemeinschaft in neuer Dringlichkeit. Die unterschiedlichen Beiträge des Symposiums machen wir mit dieser Doppelausgabe gerne allen unseren geschätzten Leserinnen und Lesern zugänglich. Dabei blicken wir mit Dankbarkeit und Freude auf die Impulse, den Austausch und die Gemeinschaft zurück.
Johannes Reinmüller bezeichnet Gemeinschaft als Wesensmerkmal von Kirche überhaupt. Mit Blick ins AT zeigt er, dass Gemeinschaft nicht mit Geselligkeit gleichzusetzen ist und betont hinsichtlich des Herrenmahls: „Christliche Gemeinschaft ist … am eigenen Leib und Leben erfahrene Jesusteilhabe.“ (269).
Die Rede vom Leib Christi nimmt Henrik Imwalle auf und verbindet diese – Paulus folgend – mit der Nächstenliebe. „Der eigentliche Kraftstoff des Leibes Christi ist nicht der Zuspruch der Begabung, sondern die Liebe zum Nächsten“ (271), hält er fest und betont, dass dies über die Liebestat hinausgeht und Paulus eine „begleitende Liebesempfindung“ fordert.
Ralf Frisch provoziert in seinem hier dokumentierten Eingangsvortrag mit dem Verdacht, „dass viele Theologien der Gegenwart eine Fehloptimierung darstellen und dass die Fehloptimierung einen Schwelbrand entfacht, der Glaube, Kirche und Theologie von innen heraus zerstört“ (274). Christliche Theologie verdanke sich seit der Himmelfahrt Christi „einem Mangel an Körper“ und sei als Versuch zu beschreiben, diesen Leerraum zu füllen. Dagegen betonen die biblischen Berichte die Körperlichkeit des Auferstanden, was in aufgeklärter Auslegung zu einer spirituellen Metaphorik geworden sei.
Torsten Uhlig und Benjamin Schließer bringen ebenfalls exegetische Einsichten ins Gespräch ein. Uhlig verweist mit den Begriffen von „Perspektive“ und „Aspektive“ auf unterschiedliche Wahrnehmungen mit Blick auf den Menschen und seine Körperlichkeit. Im Unterschied zu einem dichotomischen oder trichotomischen Menschenbild betont er die „psychosomatische Einheit“ des Menschen im AT. Dabei zeigt sich, dass eine von Gemeinschaft isolierte Betrachtung dem AT fremd ist. „Erst diese für das Leben eines jeden einzelnen Menschen notwendige Einbindung in die Gemeinschaft macht für das Alte Testament dessen Leben aus.“ (299) – Der Verein ist im deutschen Kontext eine weitverbreitete Sozialform, der auch in der Antike eine besondere Beliebtheit nachgesagt wurde. Von daher fragt Schließer, ob die christlichen Urgemeinden dem Modell antiker Vereine folgten und damit zu einem Verein unter vielen anderen wurden. Zwar haben die ersten Christen für die Bezeichnung ihrer Gemeinschaftsform keine typischen Vereinsbezeichnung aufgenommen, zeigen jedoch Ähnlichkeiten mit zeitgenössischen Kultvereinen. Dabei kann die Frage nach der Vereinsförmigkeit der ersten Christengemeinden nicht einfach nur bejaht werden.
Ausgehend von der Grundthese, dass Gemeinschaft eine anthropologische Grundkonstante ist, wendet sich Heinzpeter Hempelmann unter milieusoziologischen Aspekten verschiedenen Gemeinschaftsformen zu und votiert für milieusensible Gemeinden.
Gemeinschaft ist in der Krise, stellt Michael Herbst fest, erarbeitet gleichfalls eine „Apologie der Gemeinschaft“ und beginnt mit der im NT zu findenden engen „Verknüpfung von Glauben und Gemeinschaft“ (337). Individualität und Sozialität sind aufeinander bezogen.
Beobachtungen und Befunde aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht verdanken wir Holger Sievert. Nach einer Einführung in Kirchenräume und Digitalisierung bezieht er beide Bereiche aufeinander. So zeigten sich digitale Gottesdienste in Coronazeiten selbst für Menschen in höherem Alter als erfolgreich. Gleichzeitig wollte man digital an Gottesdiensten teilnehmen, die in vertrauten Kirchenräumen stattgefunden haben.
Der Bibliolog ist eine interaktive Möglichkeit der Begegnung mit dem biblischen Wort und führt überdies zur Begegnung unter denen, die an einem Bibliolog teilnehmen, macht Kristina Imwalle deutlich. Dem Vortrag ging das Erlebnis eines Bibliologs mit Reiner Braun zu 1 Kor 12f voraus.
Thesen zu den Chancen der Volkskirche von Michael Karwounopoulos und Ausführungen von Friedmann Eißler zu Vorstellungen des Islam von Gemeinschaft konnten beim Symposium in kleineren Gruppen diskutiert werden, ebenso Texte von Kierkegaard und Bonhoeffer. Auch in diesen Teil nehmen wir alle gerne hinein, die 2023 nicht teilnehmen konnten – in der Hoffnung, möglichst viele für das 3. Symposium zu gewinnen, das vom 12. bis 14. März 2026 in Marburg stattfinden wird.
Mit einem Buchbericht zur groß angelegten Gottesdienst- und Gemeindestudie leitet Andreas Schmierer den diesmal umfänglichen Rezensionsteil ein.
Dieses Doppelheft – das umfangreichste seit 54 Jahren – markiert einen Einschnitt in der Geschichte der Theologischen Beiträge. Prof. em. Dr. Klaus Haacker scheidet mit diesem Heft aus dem Beirat aus. Schon mit Mitte 20 war er am Entstehen dieser Zeitschrift maßgeblich beteiligt. Sein Name stand zwar im Gründungsjahr 1970 erst im 2. Heft im Impressum, aber nur, weil er bei Erscheinen des 1. Heftes sein Rigorosum noch nicht absolviert hatte. Über 30 Jahre lang lag die herausgeberische Hauptverantwortung in seinen Händen, die er sich zwischen 1977 und 2007 anfangs mit Theo Sorg, später mit Heinzpeter Hempelmann und Gerhard Hennig teilte. Auch seither hat er sich mit seinem theologischen Scharfsinn nicht nur im Bereich der neutestamentlichen Exegese nachhaltig eingebracht. Auf seinen persönlichen Wunsch hin steht im Impressum dieses Heftes sein Name zum letzten Mal. Dass er uns versichert hat, wir könnten auch weiterhin auf seine Expertise zurückgreifen und auf weitere Aufsätze hoffen, freut uns sehr. Für seinen weiteren Lebensweg wünschen wir ihm und seiner Frau Gottes Geleit und Segen und sagen ihm – im Namen des Beirats und der Weggemeinschaft aller, die mit dieser Zeitschrift verbunden sind, nicht zuletzt des Pfarrerinnen- und Pfarrer-Gebetsbundes – ein großes Dankeschön!
Ihre Herausgeber Reiner Braun und Martin Reppenhagen
Aktuelle Ausgabe: Heft 4 (2023)
BIBLISCHE BESINNUNG
Hanna Stettler:
Nur Arbeit war ihr Leben?
Predigt über Kol 3,23–25. (194–198)
AUFSÄTZE
Steffen Fleßa:
New Work –
frommer Wunsch oder Zukunftspotential? (199–214)
New Work is a buzzword, but it is difficult to define. Some describe it as a set of fancy instruments of modern management, such as co-creation, working nomads, home office etc., while others see
it more as an anti-capitalistic model for the entire economy. In this paper we demonstrate that New Work is primarily a potential for organizations to achieve their objectives in an environment
of steadily increasing dynamics, complexity and uncertainty. If we see New Work as a paradigm or mind-set it helps us to apply it to different organizations, including churches. The core is a
focus on the needs of co-workers, not the application of certain techniques. And this can be implemented in any organization.
Thomas Pola:
Der Sabbat im Alten und Neuen Testament –
nur ein Arbeitsverbot?
Eine traditionsgeschichtliche Skizze
anlässlich des Gesprächs über „New Work“. (215–222)
The original intention of the Sabbath commandment (e.g. in Exod 34:21 and 35:2–3) aimed at preserving the creation and respecting its creator, YHWH. It is closely connected with the character of
the mutually exclusive relationship between YHWH and Israel (Ex 20 etc.). In consequence of that the Sabbath was an originally Israelite institution. The New Testament testifies the beginning of
the eschatological global Sabbath (expected by Judaism) by the ministry of Jesus Christ, esp. by his resurrection in the early morning of the eighth day.
Rainer Riesner:
Wann war Weihnachten?
Chronologische und überlieferungsgeschichtliche Fragen zur Geburt Jesu. (223–240)
Evidence in sources independent of one another proves Jesus' birth year of 7 BC to be well substantiated. Circumstantial evidence in equally disparate sources suggests a winter birth around the
time of the Hanukkah festival in December. Hippolytus of Rome, before the year 235, calculated December 25 as the day of Jesus' birth from conception at a Passover feast on March 25. An earlier
exponent of this date was Julius Africanus, probably as early as in the year 221. He obviously still had contact with some of the last members of the extended family of Jesus. It cannot be ruled
out entirely that their traditions also contained something about the time of his birth. In any case, the date December 25 has nothing to do with pagan influence.
Johannes Zimmermann:
Leben in der Zeitenwende.
Theologische Überlegungen zum Begriff des Jahres 2022. (241–257)
“Turn of the times”, the “term of the year 2022” in Germany, has Christian aspects of meaning. In addition, “turn of times” can be contoured from a practical-theological point of view. This is
about sociological, philosophical, demoscopic and theological observations that render the diagnosis of a “church at the turn of time” (W. Huber), of the “tipping point” or of the “end of a form
of church” plausible. What consequences does this have for the Christian life and the Christian community? The author gives several impulses for identity-formation in a post-Christian society. It
is about the change from a culture-based to a person-based Christianity, about “diaspora-capable” faith and about “places of living” for faith, which culminate in a “bold humility” (David
Bosch).
DOKUMENTATION
Matthias Morgenstern:
Jakobs Rettung, Esaus Kuss.
Predigt zum Gedenken an die Reichspogromnacht. (258–262)
BÜCHER: 263
EDITORIAL
„Gib, dass ich tu mit Fleiß, / was mir zu tun gebühret, / wozu mich dein Befehl / in meinem Stande führet. / Gib, dass ich‘s tue bald, / zu der Zeit, da ich soll, / und wenn ich‘s tu, so gib, /
dass es gerate wohl.“ (Johann Heermann, EG 495,2). Arbeit als Berufung, Beruf als Pflicht und Verantwortung. „Der Mensch ist zur Arbeit geboren, wie der Vogel zum Fliegen.“ (Martin Luther). Doch
hat dieses protestantische Arbeitsethos noch Zukunft? Ist Arbeit wahrlich die Erfüllung des Lebens? Wie steht es um die viel beschworene Work-Life-Balance? Und beginnt das Leben tatsächlich erst
nach der Arbeit?
Hanna Stettler hält in ihrer Predigt fest, dass wir von Gott angenommen sind „nicht durch das, was wir leisten“. Befreit von einem falschen Leistungsdruck und ausgehend von der Berufung zum
Dienst entfaltet sie eine positive Sicht auf Arbeit als „Teilhabe am Wirken Gottes“, als „Dienst am Nächsten“, als „Zeugnis für Jesus“ sowie mit Blick auf den Gotteslohn.
Aus Sicht der Betriebswirtschaftslehre wendet sich Steffen Fleßa dem Konzept von New Work zu und verweist mit dem Begriff der Dynaxity auf die Komponenten moderner Arbeitswelten: Dynamik,
Komplexität und Unsicherheit. Abschließend und gleichfalls mit Kenntnis kirchlicher Handlungsfelder geht es um die Umsetzung bzw. Grenzen des neuen Verständnisses von Arbeit.
Mit Steffen Fleßa findet unser nächstes ZOOM-Gespräch statt: am 19.10. um 20.15 Uhr.
Die an mehreren Stellen angeklungene Frage nach der Arbeitsbegrenzung nimmt Thomas Pola mit seiner Untersuchung über den Sabbat im AT und im NT auf. Dabei zeigt sich, dass eine Gleichsetzung von
Sabbat mit dem Arbeitsverbot zu kurz greift und damit nur bedingt mit dem modernen Verständnis von Freizeit verbunden werden kann.
Neben dem größeren Schwerpunkt der Arbeitsethik finden Sie einen kleineren zur Zeitenwende.
Der Frage nach dem Geburtsjahr Jesu geht Rainer Riesner nach und stellt wichtige Quellen und Forschungsergebnisse zusammen, die ihn dazu veranlassen, den 25. Dezember nicht als willkürlichen oder
heidnisch begründeten Termin festzuhalten.
Johannes Zimmermann bezieht das Wort des Jahres 2022 „Zeitenwende“ auf die Kirche. Einer biblisch-theologischen Fundierung folgen Zeitdiagnosen mit der Prognose des Endes einer Kirchengestalt.
Als weiterhin berufene und gesandte Kirche resp. Gemeinde wird sich diese zentral dem Glaubensthema zuwenden.
Zum Erinnerung an die Reichspogromnacht bedenkt Matthias Morgenstern die Begegnung Jakobs mit seinem Bruder Esau. „Was für eine Nacht! Was für eine Szene! Was für ein Gebet!“
Vielleicht denken Sie: Die letzten drei Beiträge wären besser in einem Heft 5 oder 6 aufgehoben gewesen? Sie haben recht. Doch Ende November erscheint ein Doppelheft zum Thema des diesjährigen
Symposiums „(K)ein Leib – viele Glieder“.
Möge der Herr die Arbeit segnen, die in diesem Heft steckt, und die Arbeit, die es beflügelt, vielleicht auf ganz neue Weise.
Das wünschen und erbitten
Ihre Herausgeber Reiner Braun und Martin Reppenhagen
Aktuelle Ausgabe: Heft 3 (2023)
BIBLISCHE BESINNUNG
Jürgen Schuster:
JHWH – Gottesname zwischen Verheißung und Unverfügbarkeit. (138–142)
AUFSÄTZE
Uwe Swarat:
Wissenschaftliche Sachlichkeit und persönlicher Glaube Über Persönlichkeit, Leben und Werk von Theodor Zahn. Zu seinem 90. Todestag. (143–168)
This essay is dedicated to personality, life and work of the New Testament and Patristics scholar Theodor Zahn (1838–1933), 90 years after his death. Zahn is renowned for his vast learning,
historical imagination, tireless industry, and consummate skill in piecing together a multitude of fragmentary data to form a consistent unity. Still today he is counted among the major biblical
interpreters. Around the year 1900 he has been esteemed as the foremost scholar of German conservative theology and the strongest adversary of the leading liberal theologian Adolf Harnack. This
essay describes Zahn’s significance in the history of theology, his family, his life story, his life’s work including his position in church debates, and his piety.
Joachim Orth:
Das Muratorische Fragment – ein Dokument um 180 n. Chr. oder eine späte Fälschung? (169–177)
After a compressed survey on the history of research on the so called Muratorian Fragment several indications pointing to a Greek original are presented. Arguments can be developed from the text
for dating the document back to the time around 180 A. D. In 2022 however, Clare K. Rothschild published an extensive study of the text which concludes that the Fragment must be dated to the
fourth or even eighth century. Her position receives a critical examination.
DOKUMENTATION
Reiner Braun:
Das bekannteste Lied des ersten Neandertalers
Liedpredigt zu EG 317. (178–182)
QUELLE
Claus Westermann:
Unzerstörbare Freude in der Bibel finden. (183–184)
BÜCHER: 185–192
EDITORIAL
Wenn Forschungsergebnisse mehr als 100 Jahre nach ihrer Veröffentlichung international rezipiert werden, so ist der Forscher wahrlich eine Ausnahmeerscheinung. So würdigt Uwe Swarat den
Neutestamentler Theodor Zahn, der auch heute noch zu den maßgeblichen Neutestamentlern und Patristikern gehört, anlässlich seines 90. Todestages. Der theologiegeschichtlichen Einordnung, folgt
ein Abriss seines Lebens, sodass sowohl der Wissenschaftler als auch der glaubende Mensch zur Darstellung kommt.
Wer sich mit der neutestamentlichen Kanonsbildung beschäftigt, wird am Muratorischen Fragment nicht vorbeikönnen. Joachim Orth geht der Forschung nach und zeigt wichtige Erkenntnisse auf. Vor
allem begründet er die These, dass es bereits am Ende des 2. Jahrhunderts zu einer Fixierung des Kanons kam.
In seiner Liedpredigt bezeichnet Reiner Braun den Dichter von „Lobe den Herren“ als den „ersten Neandertaler“ und liefert in der Auslegung seines bekanntesten Werkes so manche biografische
Information.
Der Brief des früheren Heidelberger Alttestamentlers Claus Westermann (1909–2000) aus den letzten Kriegswochen an seine Tochter ist es wert, auch heute noch gelesen und bedacht zu werden –
besonders in den Tiefen des Lebens. Denn „manchmal entdecken wir das Ewige überhaupt erst in solchen Tiefen.“
Dem kirchenhistorischen Schwerpunktteil dieses Heftes, dem wie immer die Rezensionen folgen, stellt Jürgen Schuster seine biblische Besinnung voran, in der er sich dem Gottesnamen zwischen
Verheißung und Unverfügbarkeit zuwendet. Seine Gedanken schließt er ab mit der Bemerkung, die auch hier den Schluss bilden soll: „Die Hoffnung unseres Aushaltens und Wartens gründet letzten Endes
auf der Tatsache, dass der Gott, der unverfügbar ist, auch in seiner Verborgenheit seinem Namen treu bleibt: ‚Ich bin da‘.“
Es grüßen herzlich
Ihre Herausgeber
Reiner Braun und Martin Reppenhagen
P. S. Hier schon der Hinweis auf ein weiteres ZOOM-Gespräch, das am 22. August stattfinden wird, siehe S. 177. Michael Herbst und Reiner Braun sprechen miteinander über das
Thema „Lustvoll predigen“ und freuen sich über alle, die sich in das Gespräch einklinken.
Aktuelle Ausgabe: Heft 2 (2023)
BIBLISCHE BESINNUNG
Jochen Wagner:
„All eure Wut werft auf ihn, denn er wütet für euch“. (66–69)
AUFSÄTZE
Heinzpeter Hempelmann:
Bibel, Hermeneutik und der weiße Elefant im Raum.
Warum uns der gemeinsame Umgang mit der Schrift entzweit
und wie wir damit umgehen (können). (70–88)
The Holy Scriptures which should actually unify Christians when it comes to determining the will of God, in fact separate them from each other in many areas. Looking for the one "Center of Sripture" with a view to using it as an exegetical tool does not help because there is no consensus on what that central message is. This anamnesis in turn gives rise to various diagnoses. The therapy that is suggested in this article is a hermeneutics of humility: humility before the weak word that bends down to us, humility before the historical figure in which God comes down to us, humility before the limitations of our knowledge, humility before the other through whom God speaks and in whom he is present, humility before our inadequacies.
KONTROVERS
Volker Gäckle:
Der „evangelikale Patient“ und das Leiden
an den Transformationen der Spätmoderne. (89–104)
The author sees multiple causes behind the current illness of the "evangelical patient": In addition to the crisis of its traditional successful formats (specifically evangelism, world mission, conferences and theological training centres) the loss of importance of the mainline Protestant churches also plays a role, insofar as they have been a counterpart for evangelicalism from the very beginning, providing identity for its self-image. In essence, however, Evangelicalism, like all Christian denominations in Europe, suffers from the major social currents of secularism, individualism and pluralism, combined with the media revolution through the internet and social networks. These circumstances make it difficult for the leaders of this movement to orient and integrate their members. However, the author also sees a number of factors that give rise to hope for a regeneration of the movement.
Michael Diener:
Was wird aus der evangelikalen Bewegung in Deutschland? (105–120)
Michael Diener, former Chairman of 2 organizations in German evangelicalism (Evangelischer Gnadauer Gemeinschaftsverband and Evangelical Alliance in Germany) reflects on the current state of the evangelical movement in Germany and lays out his expectations for the future of that movement. He insists that the challenges coming from a secularized society will not be met by the more fundamentalistic branch of the evangelicals in Germany and encourages the leaders of the “Evangelical Alliance in Germany” to follow a strategy of equidistance to its wings on the left and on the right without giving up on their efforts towards modernization and their concentration on unity, prayer, bible, missions and social commitment. The crisis of Christianity in western Europe needs a healthy and distinguished [distinguished?] evangelical movement that makes a solid and respectable contribution to meeting the pressing challenges confronting Christianity in western Europe today.
BERICHT
Matthias A. Deuschle:
Dietz‘ Mission: Ein Buch über die evangelikale Welt. (118–122)
Felix Eiffler:
Bisherige und zukünftige Erforschung
von Mission und Evangelisation. (123–130)
BÜCHER: 131–136
EDITORIAL
Man reibt sich irritiert die Augen und korrigiert aus der Erinnerung: Der Vers aus dem 1. Petrusbrief lautet anders. Doch manchmal liegt in der Verfremdung eine Chance, ins Nachdenken zu kommen und neue Entdeckungen zu machen, wenn Jochen Wagner über die Wut predigt.
Die dann folgenden drei Aufsätze sowie der Buchbericht stehen in einem inneren Zusammenhang. Heinzpeter Hempelmann beginnt mit einer oftmals hinter vielen (allen?) Entscheidungen in Theologie und Kirche liegenden Frage nach der Hermeneutik und kommt zu einer ernüchternden und schmerzhaften Feststellung: Was verbinden sollte – der Bezug auf die Heilige Schrift –, entzweit oft genug! Dabei spart er aktuelle Fragestellungen nicht aus und wirbt für eine Hermeneutik der Demut: „Demut gegenüber dem anderen, durch den Gott spricht und in dem er gegenwärtig ist.“
Mit den beiden Aufsätzen von Volker Gäckle und Michael Diener steigen wir in eine Kontroverse um den „evangelikalen Patienten ein, die sich an verschiedenen Stellen zeigt und auch weiterhin die evangelikale Bewegung prägen wird. Damit ist ein gemeinsames Ringen verbunden, das Überlappungen in der Diagnose sowie Therapie zeigt, aber sehr wohl deutliche Unterschiede aufweist. Gemeinsam ist die Feststellung, dass die evangelikale Bewegung Veränderungsprozessen unterworfen ist und diese auch aktiv angehen soll. Dabei gilt: „Im Zuspruch und Widerspruch entwickelt sich das eigene theologische Profil.“ Bitte notieren Sie sich gleich den Termin für das ZOOM-Gespräch mit beiden Autoren!
Der Bedeutung des 2022 erschienen Buches von Thorsten Dietz für unser Thema ist geschuldet, dass es von Matthias A. Deuschle in einem längeren Buchbericht kritisch vorgestellt wird.
Über viele Jahre hinweg war und ist Michael Herbst mit den Theologischen Beiträgen verbunden – nicht zuletzt auch als einer der beiden Hauptherausgeber. Mit seinem Namen wird oft das Institut zur Erforschung von Evangelisation und Gemeindeentwicklung der Universität Greifswald verbunden. Wie es mit diesem Institut weitergeht, schildert Felix Eiffler.
Mit der Empfehlung, alles zu lesen, verbinden wir die Hoffnung, dass sich die Lektüre für Sie als lohnend erweist.
Ihre
Reiner Braun und Martin Reppenhagen
Heft 1 (2023)
BIBLISCHE BESINNUNG
Paul-Ulrich Lenz:
Ist die Kirche noch zu retten?
Bibelarbeit zu Offenbarung 12, 1–6. (2–5)
AUFSÄTZE
Hanna Stettler:
Unsterblichkeit der Seele und Auferstehung der Toten
im Neuen Testament.
Die frühjüdischen Schriften als Achillesferse der Ganztodtheorie. (6–25)
For almost 100 years, especially in German-speaking Protestant scholarship, there has been a debate about the so-called theory of entire death. Its proponents claim that there is a contradiction between the expectation of resurrection and the belief in the immortality of the soul, and that. only the former is biblical, while the latter is Platonistic. Therefore, they hold that at death the whole person, including the soul, dies.
The present essay objects to the entire-death theory without endorsing a Platonistic view of the soul. It argues from the early Jewish background of the New Testament that resurrection and immortality are not to be seen as opposites but belong together. In early Judaism, anyone who believed in the resurrection also believed in the immortality as well as in a disembodied intermediate state of the soul until the resurrection on the Last Day. This view is presupposed in the NT. In particular, Mt 10:28; Lk 23:43 and 1Cor 5:1–8 and Phil 1:21–23 testify that Jesus and Paul reckoned with such an intermediate state, in which the soul of deceased believers may already be with Jesus.
Johannes Demandt:
Bewegender Pietismus. (26–36)
In contrast to the predominantly negative connotation of the era of Pietism (17th/18th century) in the public today, the author emphasizes the positive power of this inner-church and extra-church movement. With a heartfelt piety based on the Bible, Pietists advocated community forms in which men and women from all social classes could live with their charisma on an equal footing. Their cross-denominational witness to the love of God in Jesus Christ, their strong social-diaconal commitment and their advocacy of religious tolerance initiated social changes that are still effective today.
DOKUMENTATION
Wolf-Friedrich Schäufele:
Zwischen Schöpfung und Erlösung.
Predigt im Universitätsgottesdienst. (37–41)
Michael Heymel:
Was ich aus Bohrens Predigtlehre für mein Predigen gelernt habe. (42–46)
BERICHT
Johannes Zimmermann:
Gemeindegründung und christliche Mission im säkularen Westen.
Zwei bemerkenswerte Buchveröffentlichungen des niederländischen Missionswissenschaftlers Stefan Paas. (47–54)
BÜCHER: 55–64
EDITORIAL
Die apokalyptischen Bilder der Bibel, v. a. aus der Offenbarung des Johannes erleben in diesen Tagen eine besondere Aktualität und Renaissance – mit Blick auf den Lauf der Welt wie auch auf die Zukunft der Kirche. Doch wie sind diese Bilder zu deuten und wie lassen sie sich in unseren Debatten aufnehmen? Konkret gefragt: „Wer ist diese Frau“, die sich in Offb 12 mit der Sonne bekleidet? In seiner Bibelarbeit geht Paul-Ulrich Lenz dem nach und macht interessante Entdeckungen mit Blick auf die Gemeinde, die stets gefährdet war und leicht nach eigenen Sicherheiten sucht.
Für die Ganztodtheorie (Annihilation) lassen sich so manche Theologen des 20. Jahrhunderts von Karl Barth bis hin zu John Stott benennen, sodass diese Theorie eine gewisse Prominenz entwickelt hat. Hanna Stettler widerspricht ihr unter Bezug auf den frühjüdischen Hintergrund der neutestamentlichen Aussagen. Dabei verweist sie auf die Unterschiede im hebräischen und griechischen Denken, geht dem Verständnis von Seele nach und untermauert ihren Widerspruch biblisch.
Dass der Begriff „Pietist“ pejorativ gebraucht wird, begegnet schon früh in der Geschichte des Pietismus. Dennoch setzte der Pietismus wichtige Akzente in der Kirchengeschichte. Johannes Demandt stellt namhafte Vertreter vor und zieht Linien in die Gegenwart. Bereits an dieser Stelle sei auf sein jüngst erschienenes Opus Magnum verwiesen, das in diesem Heft vorgestellt wird.
In seiner Universitätspredigt verweist Wolf-Friedrich-Schäufele auf den untrennbaren Bezug von Schöpfung und Erlösung: „Der eine Gott ist zugleich Schöpfer und Erlöser. Der Schöpfer ist der Erlöser, und der Erlöser ist der Schöpfer.“ (37) Dem gilt es vice versa nachzugehen, denn Gott erhält und erlöst.
Von Rudolf Bohrens Predigtlehre, die einen Teil der älteren Generation geprägt, hat gehen noch heute wertvolle Impulse aus. Mit persönlichen Worten und mit Bezug auf die eigene Predigterfahrung bietet Michael Heymel Einblicke in Lernerfahrungen mit dieser Homiletik.
Mit seinem Buchbericht stellt Johannes Zimmermann zwei in Englisch erschienene Bücher des niederländischen Missionstheologen Stefan Paas vor, die wichtige Impulse auch für die deutsche Diskussion um neue Gemeindeformen und die zukünftige Mission von Kirche bieten. Vergleichbares gilt gewiss auch für die sich anschließenden Rezensionen.
Bei allem hoffen wir und wünschen uns, dass auch dieses Heft dazu beiträgt, Theologie als Wissenschaft um der Kirche und der Gemeinde willen wahrzunehmen und für den Dienst wie für die eigene geistliche Existenz fruchtbar zu machen.
Ihre Herausgeber
Reiner Braun und Martin Reppenhagen
BIBLISCHE BESINNUNG
Reiner Braun:
Der Froschkönig – Ein Weihnachtsmärchen.
Predigt zu Micha 5,1-4a und zu „O du fröhliche“ (EG 44). (338–341)
AUFSÄTZE
Klaus Haacker:
Gescheiterte Pläne – überraschende Folgen:
Lektionen, die Paulus lernte. (342–349)
The life of Paul is an example of lessons to be learned in God's service. He may ignore your ambitions or plans and transform disappointments into blessing, obstacles into success.
Marius Reiser:
Die Urgeschichte im Buch Genesis symbolisch gelesen. (350–361)
The so-called historical-critical exegesis is a limited form of interpretation and unable to do justice to texts whose meaning is in the main aspects on the symbolical level. The chosen example to show this is the second account of creation and the narrative of the creation of the woman in Gen 2,4–24.
Thomas Pola:
Erwägungen zu einer „symbolischen Lesung“ von Gen 2. (362–367)
There is no alternative between “symbolical” and “historical” interpretation in the primeval history of Genesis. Historical exegesis including philological scrutiny do not exclude results relevant for theology. The unity of form and contents is to be respected. E. g. Hebrew ʾādām with article (“man, mankind”, Gen 1:27, 2:7–8.18–25 etc.) is not a proper name. In Gen 2:20 (MT), 4:25, 5:2–5 and in the Septuagint starting with 2:19 ʾādām is understood as the proper name “Adam”. However, this points at a stereometrical self-understanding of Gen 1–5 (MT) which should not be minimized to a “report” of “facts”.
BERICHT
Rainer Riesner:
Eine frühere Entstehung alttestamentlicher Literatur? (368–374)
DOKUMENTATION
Reiner Braun:
Dietrich Bonhoeffers Jahrhundertlied: „Von guten Mächten“. Ein Online-Historiolog. (375–385)
BÜCHER: 386–392
EDITORIAL
Eine Herausforderung, der sich die Theologischen Beiträge immer wieder stellen, ist das Aufzeigen neuer Perspektiven zu altbekannten Texten. Das zieht sich wie ein roter Faden durch das letzte Heft dieses Jahrgangs – mit Bezug auf Bibel und Gesangbuch.
„Gescheiterten Plänen“, widmet sich Klaus Haacker und zeichnet Lernschritte des Apostels Paulus nach. So folgt der Christusbegegnung ein radikales Umdenken sowie eine „neue Leidenschaft mit völlig anderen Inhalten und Zielen“ (343). Aus der Hinwendung zur Synagoge wird der Auftrag an die Völker und eine verhinderte Reise führt weiter Richtung Westen – gewiss nach Rom und vielleicht auch nach Spanien. Beim Lesen wird man unweigerlich erinnert an die Rede von „Hominum confusione et Dei providentia“.
Zum neuen Lesen der Urgeschichte leitet Marius Reiser an und zeigt auf, dass die „Absicht ihrer Erzähler auf der symbolischen Ebene liegt, nicht auf der historischen“ (360). Nach einer „hermeneutische[n] Besinnung“ (350) wendet sich der Aufsatz dem zweiten Schöpfungsbericht bis zur Erschaffung Evas und seiner Auslegungsgeschichte zu. Thomas Pola schließt Erwägungen an und wirbt dafür, „sich die Zugangsweise methodisch und sachlich vom jeweils zu untersuchenden Gegenstand“ geben zu lassen (362).
Wann die Texte des Alten Testaments verschriftlicht worden sind, fragt Rainer Riesner und bringt Hinweise, die eine frühere Entstehung nahelegen, als bislang mehrheitlich vermutet: Nicht erst seit dem 5. Jahrhundert vor Christus, sondern bereits ab dem 8. ist mit Schreibtätigkeiten zu rechnen, ja sogar noch einige Jahrhunderte zuvor kann von einer Textwerdung ausgegangen werden.
Das Grimmsche Märchen vom Froschkönig eröffnet in der Weihnachtspredigt von Reiner Braun eine neue, sogar karfreitägliche Perspektive auf die Weihnachtsbotschaft und auf das Weihnachtslied: „Welt ging verloren, Christ ist geboren!“ – „Christ ist erschienen, uns zu versühnen.“ Und der online durchgeführte und hier dokumentierte Historiolog ermöglicht einen neuen, interaktiven Zugang zu Dietrich Bonhoeffers Jahrhundertlied: „Von guten Mächten wunderbar geborgen“.
In dieser weihnachtlichen Geborgenheit erwarten wir getrost, was kommen mag, in Theologie und Kirche, in der großen Welt und unseren persönlichen Welten – und auch mit unserer Zeitschrift. Und vielleicht führt uns das neue Jahr (wieder) zusammen – in ZOOMinaren oder beim Symposium*.
Herzlich verbunden grüßen Ihre Herausgeber
Reiner Braun und Martin Reppenhagen
*„Viele Glieder – (K)ein Leib“ – 9.–11. 3. 2023 in Schmerlenbach bei Aschaffenburg – Infos: www.theologische-beitraege.de – Haben Sie sich schon angemeldet?
BIBLISCHE BESINNUNG
Thomas Pola:
„Die Königsherrschaft Gottes ist herbeigekommen:
Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“
Bibelarbeit zu Markus 1,14f. (274–279)
AUFSÄTZE
Jörg Frey:
Vom Sinn der Apokalyptik,
ihrem Gebrauch und ihrem Missbrauch.
Biblisch-theologische Perspektiven
im aktuellen Horizont. (280–296)
In view of the present situation of various utilizations of apocalyptic motifs, in secular ecological and political rhetoric as well as in evangelical groups and conspiracy theories, the article asks for the original meaning and value of apocalyptic thought from the origins of Jewish apocalypticism and for the fundamental role of apocalypticism for Jesus and at the origins of Christianity. The focus, then, moves to the book of revelation, its literary design, its meaning for its first readers and the birth of allegorical readings relating its content to events of church history or to a sequence of end-time events. In the final part of the article, the author discusses various forms of misuse of Revelation, before, finally, the positive value and relevance of Revelation for present theology is presented.
Ralf Frisch:
Eschatologische Existenz heute.
Grundzüge eines evangelischen
Gegenprogramms zur moralistischen
Apokalyptik des Anthropozän. (297–312)
Ralf Frisch contrasts two fundamentally different approaches towards the future. First, he focuses on the socio-moralistic apocalyptic of the Anthropocene, which is widespread in secular society and in political Protestantism. This apocalyptic of fear expects everything from humankind’s Great Transformation towards goodness whereas it expects nothing from God. Though it appears in the midst of church and theology, the apocalyptic of moralism is ultimately a post-Christian apocalyptic in the guise of Christianity. Then, following the apocalyptic of Karl Barth, Walter Benjamin and the Gospel of Mark, Frisch unfolds an eschatological concept of evangelical de-scaring which holds that neither the unavoidable downfall of the human species nor the inevitable passing of planet Earth can be regarded as final realities. In fact, there is only one ultimate reality: the gracious and world-transforming God in whom Christians can confidently place their hope even in the face of global catastrophes. Existing in this mindset of eschatological hope does not mean abandoning necessary action on the one hand. On the other hand, it doesn’t mean having desperately to save the world in an attitude of overestimating the possibilities of man.
Johannes Zimmermann:
Mitgliedschaft in Landeskirche und
landeskirchlicher Gemeinschaft.
Doppelte Zugehörigkeit als Spannungsfeld. (313–327)
Pietistic communities (“Landeskirchliche Gemeinschaften”) operate within the Evangelical Church (“Evangelische Landeskirche”). This normally means dual membership and affiliation for their members. However, many of them regard membership in the Evangelical Church no longer as a matter of course. One of the reasons for this phenomenon is, that pietistic communities are developing towards independent congregations. Concrete areas of tension and conflict are the relationship between baptism and church membership, but also the “ecclesiological self-positioning” with regard to the regional Evangelical Church: Is it “the church”, or is it “my church”? The article traces recent developments, illuminates the related ecclesiological questions, and points out perspectives.
BERICHT
Magnus Rabel:
Private Bibellektüre bei den ersten Christen?
Ein Bericht zu Jan Heilmanns
„Lesen in Antike und frühem Christentum“
mit praktisch-theologischen Thesen für heute. (328–331)
BÜCHER: 332–336
EDITORIAL
Die Liste der Krisen wird stets länger und stereotyp wiederholt, auch in Predigten. Galt früher noch, dass Krisen kommen und gelöst werden und wieder Normalität einkehrt, verdichtet sich der Eindruck, dass Krisen bleiben. Krisenmodus als Normalfall. Hochkonjunktur für apokalyptische Szenarien. Über den „Highway to Hell“ führt der Weg direkt zur Apokalypse. Gleichzeitigt begegnet man in den beiden großen Kirchen dieser Deutung eher mit Zurückhaltung oder gar Ablehnung.
Thomas Pola zeigt, wie Jesus vor dem Hintergrund alttestamtlicher und frühjüdischer Apokalyptik zu verstehen ist. Und er arbeitet die Unterschiede heraus: „Der Umkehrruf ergeht nicht vor dem Hintergrund des Weltgerichts, sondern angesichts der mit der Person Jesu herbeigekommenen heilvollen Gottesherrschaft.“ (278)
Jörg Frey führt biblisch-theologisch in das Thema ein: „Die urchristliche Botschaft vom gekommenen Messias und vom erhöhten Christus ist als Ansage der angebrochenen Erfüllung letztlich eine Steigerung der Apokalyptik.“ (284) Ausführlich geht er auf das letzte Buch der Bibel mit seinen apokalyptischen Bildern sowie ein auf das Verständnis dieser Bilder, um eine Brücke zum aktuellen Gebrauch zu schlagen. Wir freuen uns, dass Jörg Fry über seinen Aufsatz mit den Leserinnen und Lesern der Theologischen Beiträge am 15. November ins Gespräch kommen will. (Infos S. 296).
Ralf Frisch geht der Wiederkehr einer „Pädagogik der Angst“ nach und fragt nach einer evangelisch verantworteten eschatologischen Existenz heute. Für Theologie und Kirche konstatiert er eine „Kleinzüchtung Gottes“, in dessen Zuge „liebende Mitmenschlichkeit […] zum innersten Geheimnis Gottes erklärt“ wurde. (297) Mit spitzer Feder geht er den apokalyptischen Ausdrucksformen des Anthropozäns mit seinen kategorischen Imperativen nach. Dem Ruf „Kehrt um und glaubt an das Gesetz!“ (302) hält er „Wesenszüge evangelischer eschatologischer Existenz“ (308) gegenüber.
Einer im Miteinander von Landeskirche und landeskirchlichen Gemeinschaften immer wieder aufpoppenden Fragestellung widmet sich Johannes Zimmermann, wenn er die Diskussion um die doppelte Mitgliedschaft nachzeichnet, die auch das Taufverständnis tangiert.
Magnus Rabel widmet sich dem Phänomen des frühen Christentums als einer Lesereligion und hält fest, dass die biblischen Schriften als Lese-Medien zu verstehen sind.
Mit dem Schwerpunkthema „Apokalyptik“ verbindet sich unsere Hoffnung, dass sich bei allen Untergangsszenarien das Movens des Trostes und des Aufbruchs, das so entscheidend für eine christliche Apokalyptik ist, durchsetzt und Sie als Leserinnen und Leser durch dieses Heft viele gute Impulse dazu erhalten.
Ihre Herausgeber Reiner Braun und Martin Reppenhagen
BIBLISCHE BESINNUNG
Friedmann Eißler:
Sabbat, Sonntag, Ruhetag –
Glaube und Leben. (204–211)
AUFSÄTZE
Rainer Riesner:
War Jesus Analphabet?
Archäologie, Soziologie und Christologie. (212–224)
Against a previously widespread consensus, some researchers now consider Jesus to have been illiterate. Statistical estimates of ancient literacy, however, say nothing about the abilities of an individual. In Galilee, elementary education was accessible through the synagogues not only to members of the upper class. The early Jewish religious character of his family makes reading and writing skills of Jesus probable, and both are explicitly attested to him in the Gospels. There is a continuity from Jesus as messianic teacher to the post-Easter churches as teaching and learning communities..
Roland Deines:
Der Relevanzverlust des Redens von Gott
als Folge der methodischen Ausklammerung Gottes
in der Bibelwissenschaft. (225–239)
Edited version of a paper for a conference, in which university and church representatives from different theological backgrounds openly and personally exchanged their views on the reasons why the Protestant Church in Germany is increasingly perceived as a “patient”. The present contribution introduced an exegetical perspective. It claims that the self-immunisation of exegesis or historical theology against a realistic understanding of God’s speaking and acting is one of the main causes of the crisis of contemporary theological discourse in public. Theology no longer dares to think, argue and proclaim on the base of historical revelation, and biblical exegesis offers no help either, as is demonstrated in two short case studies dealing with Martin Hengel and John P. Meier. A renewal of the church and of preaching, however, is possible where there is again confident faith in God’s revelatory presence in the world, as it is accessible in the “Word that comes from God and speaks of God to save the world.”
Jürgen Schuster:
Christliche Mission
im Zeitalter der Weltchristenheit. (240–252)
This article looks at some implications of the epochal shift from Western Christendom to World Christianity for Christian mission in the 21st century. A number of current developments are noted. The main focus is on four challenges: understanding cultural and religious hybridity, reflecting the relationship between gospel and culture, understanding the gospel as interpretation of history, and the role of hospitality for Christian mission.
Florian Karcher/Patrick Todjeras:
Wer oder was sind pioneers?
Ein Beitrag zu einem Phänomen
in Erneuerungs- und Gründungsprozessen
der Church of England und deren Rezeption
im deutschsprachigen Raum. (253–266)
Church reality is changing. The changes are accompanied by the adaptation of requirements for people ministering in the church. Classic occupational fields, such as parish ministry or Christian education, are currently experiencing processes of change in many respects. The central question seems to be, how renewal, change and (re)construction can be shaped, so that they may be relevant and sustainable for the church in a postmodern society. The Anglican Church has gone through comparable processes in recent decades, drawing on the concepts of “pioneers” and “pioneering.” These terms describe the (honorary and full-time) activities of people who shape such processes.
This article analyses the origin and meaning of the terms in the conceptual field of the Anglican Church, traces the first adaptations in the German-speaking world, and undertakes an initial critical reflection on the phenomenon.
BÜCHER: 267–272
EDITORIAL
Bei Erscheinen dieses Heftes wird der letzte noch lebende Gründervater der Theologischen Beiträge seinen 80. Geburtstag vollenden, der langjährige verantwortliche Herausgeber Klaus Haacker. Ende der 1960er Jahre, in einer gesellschaftlich, politisch, hochschulpolitisch und theologisch sehr bewegten und bewegenden Zeit fanden zwei Initiativen zusammen, die dem damaligen universitären Mainstream ein sowohl wissenschaftlich anspruchsvolles als auch geistlich inspirierendes Organ entgegensetzen wollten, das in reformatorisch und erwecklich-missionarischer Tradition stehen sollte. Zu den Motoren der einen Initiative gehörte Klaus Haacker. Nur aufgrund seiner erst Anfang 1970 – mit siebenundzwanzig Jahren! – erfolgten Promotion war er nicht von Heft 1 an Beiratsmitglied dieser Zeitschrift, sondern erst ab Heft 2. Die Gründungsphase hat er selbst zum 50. Jubiläum der Zeitschrift geschildert (siehe ThBeitr 51, 2020, 301–308). Bereits mit Anfang dreißig lehrte er als Dozent und seit 1975 auch als Professor Neues Testament an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal. Neben dieser Zeitschrift gab er auch das Begriffslexikon zum NT heraus und verfasste fundierte Kommentare zur Apostelgeschichte wie zum Römerbrief. Im Ruhestand in Berlin lehrte er an der Humboldt-Universität. Als kompetenter und gerne gefragter Referent ist er über Jahrzehnte dem Pfarrerinnen- und Pfarrer-Gebetsbund verbunden. Es lohnt sich, auf der Homepage www.theologische-beitraege.de unter dem Stichwort „Lesen“ einmal das immer wieder aktualisierte Gesamtregister aufzuschlagen und die nicht weniger als 130 Einträge zum Autor Klaus Haacker durchzusehen, um sich ein Bild zu machen von der Breite des Interesses und Engagements über mehr als fünf Jahrzehnte hinweg! Darüber hinaus hat er theologischen Weggefährtinnen und Weggefährten mit seinen Echos auf eingereichte Aufsätze viele wertvolle Anregungen gegeben.
Als seine Nachfolger in der Herausgeberschaft der Theologischen Beiträge gratulieren wir Klaus Haacker von Herzen zum runden Geburtstag, bewundern seine ungebrochene Schaffenskraft, freuen uns darüber, dass er als Mitherausgeber und Beiratsmitglied rege und regelmäßig die Geschicke dieser Zeitschrift kritisch, aber immer freundlich und konstruktiv begleitet und danken ihm nächst Gott von Herzen dafür! Gottes reicher Segen wird ihn, seine Frau und seine Familie auch in Zukunft begleiten, des sind wir gewiss!
Sein Fachkollege Rainer Riesner, langjähriger Wegbegleiter von Klaus Haacker und ebenfalls Mitverantwortlicher dieser Zeitschrift, widmet ihm seinen Artikel über die Frage, ob Jesus ein Analphabet war. Damit nimmt Riesner eine neuere These auf, die den bisherigen Konsens, dass Jesus lesen konnte, in Frage stellt. War Jesus durch sein Elternhaus von Bildungsvollzügen ausgeschlossen? Die verschiedenen Argumente und Hinweise werden dargestellt und kritisch diskutiert. Dabei kann Riesner aus seinem umfänglichen Literaturwissen schöpfen.
Dem Gottesbezug bzw. dessen Verlust in der Bibelwissenschaft geht Roland Deines nach. Dabei stellt er fest: „Wir (…) sind weithin gefangen in einer selbstverschuldeten Abhängigkeit von einem Denken, das Gott nicht zu Wort kommen lassen will, damit er uns nicht hineinredet in unsere Theologie und Kirche.“ (226) Im Folgenden zeigt Deines die „Ausklammerung Gottes“ am Beispiel von zwei namhaften Neutestamentlern auf, wobei auch die Frage nach der Historizität tangiert wird.
In seinem Artikel über christliche Mission verweist Jürgen Schuster auf den polyzentrischen Charakter der Weltchristenheit im Unterschied zu einer monozentrisch vor allem westlich geprägten Christenheit in der Vergangenheit. Im Kontext einer Vielgestalt der Weltchristenheit geschieht heute christliche Mission. Schuster verweist schließlich auf vier Herausforderungen, die er mit kultureller Hybridität, gemeinsame Reflexion von Evangelium und Kultur, Evangelium als Geschichtsdeutung und Gastfreundschaft.
Dem Begriff des „Pioneers“ in pastoraltheologischen Überlegungen aus dem Raum der Church of England gehen Florian Karcher und Patrick Todjeras nach. Dabei zeigt sich ein nicht-einheitliches Verständnis bzw. eine gewisse Unschärfe, was denn ein Pionier gerade im Kontext von neuen Ausdrucksformen von Kirche ist bzw. soll. Hier arbeiten die Autoren die unterschiedlichen Verständnisse heraus und verweisen auf die Rezeption im deutschsprachigen Raum.
Dem Ruhetag bzw. der Sonntagsruhe widmet sich Friedmann Eißler in seiner Predigt. Dabei verweist er auf das Paradox, dass Gott selbst einen Ruhetag einlegt. Den Sabbat des Alten Testaments aufnehmend kommt es zur inhaltlichen Begründung der Sonntagsruhe als dem Auferstehungstag in und durch Jesus Christus. Der Tag wird zu einem „gnädigen Atemholen“.
Mit dieser Predigt zum Ruhetag startet das Heft und ist damit auch Verweis auf die Zusage, dass wir aus der Gottesruhe heraus als Menschen handeln dürfen und können. So hoffen wir, dass bei allem menschlichen Tun und Lassen die vorliegende Ausgabe der Theologischen Beiträge so manchen hilfreichen Impuls und Gedanken bietet.
Ihre Herausgeber Reiner Braun und Martin Reppenhagen
BIBLISCHE BESINNUNG
Reiner Braun:
Der zärtliche Jesus
und was er zu sexualisierter Gewalt sagt.
Predigt zu Matthäus 18,6. (130–135)
AUFSÄTZE
Klaus Haacker:
Das Jesuswort zur Verführung Minderjähriger
(Matthäus 18,6). (136–143)
Contrary to exegetical tradition Mt 18:6 is not speaking of disciples in general but only of children. Why? Because of the “but” and the “these” as links to v. 4–5 where children are mentioned. Contrary to translations which speak of “cause to sin”, the verb skandalízo is a metaphor for decoying someone into a trap (= into peril). The message of this verse was already obscured when the Vulgata invented the strange verb scandalizare instead of choosing a latin expression for the metaphor or its meaning.
Rainer Mayer:
Sünde in der heiligen christlichen Kirche.
Ekklesiologische und seelsorgerliche
Überlegungen. (144–154)
If one concentrates the holiness of the church ontologically on the empirically tangible form of the institution church, as is done in the Roman Catholic tradition, one must hold on to the holiness of the church also in the external-institutional sense. But when blatant sin occurs in the church, this concept of church enters a state of crisis. The tendency arises to conceal and cover up transgressions so that the church (apparently) remains holy. The Reformation understanding of church, on the other hand, does not focus primarily on the institutional aspect, but on an act of God. The holiness of the church is drawn into the event of justification. As a result, the holiness of the church tends to be shifted into the realm of the invisible. Therefore, in Protestantism it is readily admitted that the church has sinned and is sinning. However, this easily leads to self-justification. This article proposes that the Protestant understanding of church must not focus solely on God’s act of justification (or even on the invisible church). Instead, Bonhoeffer’s understanding of the church as the “Unity of Act and Being” is helpful in this regard. From this perspective not only the “Protestant culture of guilt” is overcome, but also the lax attitude “we are all sinners anyway” is dealt with.
Heinzpeter Hempelmann:
Überholt, unbeliebt, intolerant?
„Die Wahrheit“ in der Krise. (155–169)
Today, the question of truth finds very different, even highly diverse answers. Not only in society, even in church and congregation we meet each other as more conservative, tradition-oriented, or more modern, critical, or more postmodern lovers of individual diversity. These positions, plausible as they are, are all fraught with aporias. To seek the truth in Jesus Christ, on the other hand, provides a promising perspective.
Martin Weyer-Menkhoff:
… nur einstimmig?
Lebensmelodie und Spielräume
bei Dietrich Bonhoeffer. (1939–2022). (170–185)
In the time of “Life Together” Bonhoeffer demanded that hymns should only be sung in unison to emphasize oneness. How did Bonhoeffer – highly musical – come up with such an idea? Musicological and hymnological research shows that one may speak of two conversions in Bonhoeffer’s life, however, by no means a conversion towards “religionless Christianity”. Against the background of this research and in light of the seriousness of the political as well as the spiritual conditions of his time, his demand for monophony becomes comprehensible: Where the cantus firmus of the gospel is distinctly clear, the penultimate – the counterpoint as the playing field of the polyphony of life, music, love or sports – may unfold itself in marvelous ways.
BERICHT
Rainer Riesner:
Religionsfreiheit – eine Erfindung der Römer,
der Aufklärung oder des Christentums? (186–189)
BÜCHER: 190–200
EDITORIAL
Wenn die Medien aktuell über Kirche berichten, geht es meist entweder um schrumpfende Mitgliederzahlen oder um immer wieder neue bzw. neu aufgedeckte Fälle sexualisierter Gewalt bzw. um den Zusammenhang beider Themenbereiche. Eine offene und transparente Aufarbeitung der Vergangenheit tut ebenso not wie die Prävention. So verpflichten Landeskirchen ihre Kirchengemeinden, Schutzkonzepte auszuarbeiten und auch ihre Ehrenamtlichen in Sachen Gewalt zu schulen.
Reiner Braun will die Gemeinde vom Evangelium her für das Thema sensibilisieren und die Mitarbeitenden zu den verpflichtenden Maßnahmen der Gewaltprävention motivieren. Dazu nimmt er das Jesuswort vom Mühlstein um den Hals (Matthäus 18,6) auf und setzt es in Beziehung zum Kinderevangelium. Die Sünde der Täter wiege umso schwerer, als sie einen massiven Vertrauensbruch darstelle. Bei der Thematik gehe es „ums Ganze“.
Klaus Haacker beschäftigt sich mit der Frage, ob man überhaupt das Jesuswort auf diese Thematik beziehen kann. Während die meisten Auslegungen „die Kleinen“ mit beliebigen Jesusjüngern identifizieren, vertritt er die begründete Meinung, dass es sich tatsächlich um Kinder handele. Von daher wendet er sich Jesu Rede vom „Skandal“ zu und diskutiert verschiedene Übersetzungsvarianten kritisch.
Rainer Mayer stellt grundlegende Überlegungen an zum Verhältnis der Rede von der Heiligkeit der Kirche und der Einsicht in die schuldhaften Verstrickungen ihrer Glieder und Amtsträger. Wie verhält sich die Glaubensaussage von der Heiligkeit der Kirche zu Schuld, Schuldbekenntnis und -vergebung?
Drei weitere Beiträge flankieren das Schwerpunktthema.
Die Pilatusfrage nach der Wahrheit ist eine gern und oft und immer wieder neu gestellte Frage. Drei unterschiedlichen Sichtweisen von Wahrheit geht Heinzpeter Hempelmann nach und unterzieht sie einer umfassenden kritischen Durchsicht, um dann „Christus als Wahrheit vor Augen“ zu malen.
Die Forderung Bonhoeffers nach einem einstimmigen Gemeindegesang stellt Martin Weyer-Menkhoff in den Gesamtkontext seines Lebens. Dabei hebt er hervor, dass es sich weniger um eine musikalisch begründete Forderung handelt, sondern vielmehr um eine geistliche. Es geht ihm um die Eindeutigkeit und Wahrhaftigkeit christlichen Glaubens und kirchlichen Lebens.
Dass das Christentum ein Hort von Intoleranz sei und die Religionsfreiheit im römischen Reich abgelöst habe, ist die These von Stephen Greenblatt, Professor für Literaturwissenschaft an der Harvard University. Rainer Riesner nimmt sie kritisch unter die Lupe.
Nachdem in den letzten Heften weniger Raum für Rezensionen zur Verfügung stand, bringen wir in diesem Heft eine beträchtliche Anzahl, die über aktuelle Forschungserkenntnisse informieren möchten – und Lust machen sollen, den einen oder anderen Titel in die Hand zu nehmen.
Nun hoffen wir, dass Ihnen dieses Heft eine Fülle von Impulsen und Anregungen zum eigenen theologischen Arbeiten und Nachdenken sowie zur geistlichen Praxis bietet und wünschen einen anregenden Lesesommer.
Ihre Herausgeber
Reiner Braun und Martin Reppenhagen
Heft 2 (2022)
BIBLISCHE BESINNUNG
Lea Weber:
Dazugehören – und das größte Wunder erleben.
Predigt zu Römer 11,25–34. (66–69)
AUFSÄTZE
Michael Herbst:
Zukunft der Kirche – Zukunft ohne Kirche? (70–84)
The shrinking processes of the Protestant Church in Germany are examined in this article, with a focus on the loss of the church's “self-evidence” regarding her validity and significance in today's world. The author asks the question how the desire for renewal and growth of church life in Germany may be justified. He argues that the “law” (values, commitment to justice, charity) will not be sufficient; only the focus on the gospel can prove adequate to the task. From the point of view of church theory, it is a matter of “dying” and saying goodbye to the familiar on the one hand, and of giving room to “experimental action” and allowing space for new church start-ups on the other.
Tobias Schuckert:
„Den Nachbarn besser verstehen lernen“.
Die Bedeutung der Religionswissenschaft in der aktuellen theologischen Ausbildung. (85–98)
This essay argues for a greater emphasis of religious studies in the theological education of workers in church and mission in an intercultural context. The argumentation follows two newly published books in German and uses the concept of World Christianity as the reality of the global church in the 21st century. Thus, four reasons are displayed: Local churches are no islands, but influenced by the religious surrounding, local churches are in need to reflect their own theologies through the encounter with non-Christian organizations, love and respect for others require basic understanding of non-Christian religions, and finally, the praxis of mission will be enriched by the use of religious studies` knowledge. Eventually, this essay closes with practical considerations for theological education in the 21st century.
Uwe Kai Jacobs:
Simultankirche im 21. Jahrhundert.
Ein Diskussionsbeitrag. (99–104)
Dealing with the Corona pandemic accelerates processes of social and ecclesiastical change. Not everything is taking a turn for the worse. The article analyzes a best-practice example of how external pressure for flexibility can also trigger something new. The fact that the new turns out to be neither accidental nor brand new proves to be a stroke of luck. Thus, structural patterns known from church history can be reinterpreted – an evolution of the "parity church" or "double church [for two different confessions]" in the ecumenical sense.
AD PERSONAM
EckhardHagedorn:
Mitgegangen – mitgesegnet.
Zum Tode von Helmut Burkhardt (1939–2022). (105–109)
Heinzpeter Hempelmann
Helmut Burkhardt – Eine Erinnerung. (110f)
BERICHT
Torsten Uhlig:
Polyphonie im Alten Testament und die Kunst sie auszulegen. Über zwei jüngere Kommentare zur Urgeschichte (Genesis 1–11). (112–121)
DOKUMENTATION
Christian Möller:
„Und wenn die Welt voll Teufel wär …“.
Predigt zu 1. Johannes 3,8. (122–126)
BÜCHER: 127–128
EDITORIAL
Die Predigt zu 1Joh 3,8 von Christian Möller wird zwar erst im hinteren Teil dieses Heftes dokumentiert, soll hier jedoch als erstes benannt werden. Denn sie bezieht sich auf das aktuelle Kriegsgeschehen in der Ukraine, verweist auf Luther und nimmt die Kreuzespredigt zur Zerstörung der Werke des Teufels auf.
Das Stichwort des Dazugehörens entfaltet Lea Weber in ihrer Predigt zu Röm 11,25–34 und betont die darin zu erkennende Gottesgabe, die vor Überheblichkeit bewahrt und in die Demut führt. Denn die Gotteskindschaft bleibt unverdient.
Wer nach der Zukunft von Kirche fragt, tut dies mit unterschiedlichen Nuancierungen. Denn angesichts anhaltender und zunehmender Schrumpfungsprozesse ist die Zukunft der bestehenden Kirche schon lange nicht mehr selbstverständlich. In seiner Abschiedsvorlesung nimmt Michael Herbst diese Spannung auf, spricht von Krise und Transformation. Gleichfalls ergänzt er „– aber nicht das Ende!“ Es bedarf der Kirche um der Kommunikation des Evangeliums willen. Hier hat sie Zukunft. Und erneut erweist sich Herbst als Lehrer der Kirche, als Lehrer für die Kirche. Und wir freuen uns besonders, dass er am 16. Mai in einem ZOOMinar mit Interessierten ins Gespräch kommen wird (siehe S. 128).
Dass unsere Gesellschaft kulturell diverser geworden ist, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Das Phänomen einer weltweiten Christenheit zeigt sich nicht nur global, sondern eben auch vor Ort. Tobias Schuckert fragt nach der Bedeutung der Religionswissenschaft für ein besseres Verstehen des Nachbarn bis hin zu Konsequenzen für die theologische Ausbildung.
Ein Beispiel für den Umgang mit „Anderskonfessionellen“ im Rahmen des Kirchenbaus sind Simultankirchen. Den mit ihnen verbundenen kirchenrechtlichen Fragen geht Uwe Kai Jacobs nach und zieht diese in Richtung zwischenkonfessioneller Kooperationen und Gastrecht aus.
Mit Helmut Burkhardt (1939–2022) ist ein Theologe in diesem Jahr verstorben, der die Entstehung dieser Zeitschrift mit betrieben und sie über viele Jahrzehnte geprägt hat, sodass wir die Bestattungspredigt von Eckhard Hagedorn sowie die persönlichen Erinnerungen von Heinzpeter Hempelmann veröffentlichen.
Es folgen ein Buchbericht über zwei jüngere Kommentare zur Urgeschichte von Torsten Uhlig sowie wie gewohnt die Rezensionen.
Ihre Herausgeber Reiner Braun und Martin Reppenhagen
P.S. Die Pläne für unser 2. Symposium konkretisieren sich. Wir werden vom 9. bis 11. März 2023 in Schmerlenbach bei Aschaffenburg tagen. Arbeitstitel: „Kirche ohne Gemeinschaft?“ Save the date! (Falls noch nicht geschehen.)
BIBLISCHE BESINNUNG
Roland Gebauer:
Gerechtigkeit als Christusförmigkeit.
Zur Heilsbedeutung der Taufe beim Apostel Paulus. (2–13
AUFSÄTZE
Martin Abraham:
Zentriert, amorph oder zentrifugal?
Zur Frage nach der Mitte der Gemeinde. (14–32)
Can the crisis of the church be conceived as a crisis of its center? And if so, what would this mean? Are church theory and ecclesiology to follow polycentric or amorphous concepts, or does it make sense to regain the center? In the second case, a clarification of a) what might stand for the center and b) how it ought to be spoken of is needed. The text argues for a non-ideological understanding of „the middle“ or rather „the kernel“ – an approach which is relevant for the empirical reality of the church but yet not just empiristic..
Michael Glöckner:
Betende Existenz
Jakobus 5,13–15 als Beispiel frühchristlicher Gebetspraxis. (33–45)
The Epistle of James reflects a lot of different issues, with prayer being one of them. In the short section of Jas 5:13–15, the author points out various conditions of life and develops instructions for an appropriate way of prayer. He continues his explanation with a strong encouragement to trust in the power of prayer.
BERICHT
Roland Deines:
Einleitung ganz neu gedacht.
Ein Bericht über Armin Baums „Einleitung in das Neue Testament“ (46–51)
AD PERSONAM
Hanna und Christian Stettler:
Peter Stuhlmacher.
Eine Würdigung zum 90. Geburtstag am 18. Januar 2022 (52–55)
BÜCHER: 56–64
EDITORIAL
Unter der Rubrik „Biblische Besinnung“ bringen wir diesmal keine Predigt oder Bibelarbeit, sondern die Abschiedsvorlesung von Roland Gebauer zur Heilsbedeutung der Taufe bei Paulus an der Theologischen Hochschule Reutlingen der Evangelisch-methodistischen Kirche. Deutlich zeigt sich dabei ein Taufverständnis, das die sich diametral gegenüberliegenden Verständnisse von Taufe als rein sakramental oder rein bekenntnishaft aufnimmt, jedoch nicht in ihnen aufgeht.
Wer heute nach Kirche fragt, wird vielfach dem Begriff der Krise begegnen. Wolfgang Huber hat gar in seiner Schrift zur Zeitenwende sieben Krisen ausgemacht, die gewiss ergänzt werden können und heute noch deutlicher zutage treten. Martin Abraham nimmt als Systematiker und Gemeindepfarrer die Rede von der Krise mit Blick auf Kirche und die bürgerliche Mitte auf und fragt nach der Mitte der Gemeinde: Kerngemeinde? Pfarrerin/Pfarrer? Kasualien? Auf seiner theologischen Suche entsteht das „paradoxe Bild eines exzentrischen Kerns“.
Wer kennt sie nicht, die Aufforderungen des Jakobus zum Gebet für die Kranken? Der Artikel von Michael Glöckner ist dabei Bibelauslegung, die zu einer vertiefenden Einsicht in frühchristliche Gebetspraxis führt und gleichzeitig Mut macht, heute das Gebet füreinander zu fördern.
Der Spur des Neuen Testaments folgt auch der Buchbericht von Roland Deines, wenn es um Einleitungsfragen zum NT geht und diese ganz neu gedacht werden.
Wer in die zurückliegenden Jahrgänge der Theologischen Beiträge blickt, wird den Namen von bekannten Tübinger Neutestamentlern wie Otto Michel, Martin Hengel und Peter Stuhlmacher begegnen. Und so würdigen die Neutestamentler Hanna und Christian Stettler mit einem persönlichen Blick das Werk von Peter Stuhlmacher zu dessen 90. Geburtstag. Ergänzt wird ihr Beitrag durch eine Liste wichtiger Buchveröffentlichungen.
Bei allem hoffen wir und wünschen uns, das auch dieses Heft einen Beitrag dazu leistet, Theologie als Wissenschaft um der Kirche und der Gemeinde willen wahrzunehmen und fruchtbar für den Dienst zu machen.
Ihre Herausgeber
Reiner Braun und Martin Reppenhagen
P. S. Wir planen vom 9. bis 11. März 2023 ein zweites Symposion.
Thema: „Christentum ohne Gemeinschaft?“
Save the Date!
Heft 6 (2021)
BIBLISCHE BESINNUNG
Klaus Haacker:
In Christus: Alles neu?
Biblische Besinnung über 2. Korinther 5,17. (378–382)
AUFSÄTZE
Klaus Wetzel:
Wie protestantische Missionsbewegungen
die Welt verändert haben
Umwälzungen in der Christenheit und
die Frage nach ihren Ursachen. (383–397)
One reason for the growth of Christianity in the Global South can be found in the effects of the Protestant World Mission Movements since the 18th century. Protestant World Mission has contributed to changing the world: It was involved in the development of the concept of Freedom of Religion; it was intertwined with the campaign that fought for the abolition of slave trade and slavery. It has provided important contributions for the emancipation of women in church and society; it played an important role in preserving local cultures and languages, especially through Bible Translation and the teaching of literacy skills. Mission schools have spread education, including schooling for girls and women. Medical mission worked through mission hospitals, the training of doctors, and the development of primary health care; this has had an impact on worldwide demographics.
Daniel Jeyaraj:
Die Bedeutung deutsch-lutherischer Missionare
im Südindien des 18. Jahrhunderts. (398–409)
The German Lutheran Mission started in Tranquebar (South India) with missionaries mainly coming from the pietistic movement. They were the first who worked under the Tamil and established Lutheran churches among them. Although coming from an European background looking at Tamils as heathens, they discovered the beauty of Tamil language. They started schools for boys and girls, translated the Bible into Tamil and influenced very much the further mission work in India. For them caring for the soul and likewise for the body belonged together.
Joachim Schnürle:
Lebenswende durch Kalenderlektüre.
Wie ein Freidenker zum Evangelisten wurde: Fritz Binde (1867–1921). (410–415)
Fritz Binde (1867–1921) was driven by pages of a tear-off calendar to deal with religious questions. He was brought up in a Thuringian family with a maternal traditional religion and a dominant father influencing him with blasphmous ideas. Young Binde was impressed by materialistic und philosophic thoughts, walking in the agnostic footsteps of his father. He got married to a woman brought up in a pietistic surrounding, keeping her by time in psychologic trouble facing his Agnosticism. In a severe Depression Binde was impressed by bible quotes of the tear-off calendar his wife bought. By throwing pages into the bin he stucked on the letters and was brought by this to a point of decision. After a time of pastoral care by Georg Steinberger he started preaching of Gods word and went to be one of the first Evangelists oft he Deutsche Zeltmission. His experience show the potential of calender and other christian tract literature on spreading the gospel even in our days.
DOKUMENTATION
Ausgewählt und eingeleitet von Ulrich von Rad:
Zeugnisse über Politik und Kirchenkampf aus Briefen von Gerhard und Luise von Rad (1933–1944). (416–432)
Between 1933 and 1944, my parents, as Christians and members of the Confessing Church (Bekennende Kirche, BK), had a difficult time within the theological faculty of the „brown“ University of Jena, which was dominated by the pro-Nazi, antisemitic „German Christians“ (Deutsche Christen, DC). Excerpts from letters of my parents to my grandparents demonstrate the major problems or minor day-to-day difficulties of the BK minority in Jena, with issues regarding faith and the appeasing attitude of the theological faculty of Jena. The letters illustrate the dilemmas and inner turmoil involved in surviving as a faithful Christian and responsible theology professor. The fusion of protestantism and German nationalism produced an antisemitism that denied any sincere study of the Old Testament. Therefore the DC-dominated faculty declared the study of the Hebrew language superfluous for all students. This frustrated my father as a Christian and as university professor of Old Testament theology. Highlights include references to my father’s numerous lecture trips to BK parishes around Germany, as well as sermons in the BK-parish of Jena, and the meetings of honorable oppositional friends in Jena with Ricarda Huch.
BERICHT
Friedemann Fritsch:
Im Weltabenteuer Gottes leben. (433–437)
BÜCHER: 438–440
EDITORIAL
Viele Firmen haben ein „Mission Statement“, in dem sie ihre Ziele und Strategien auf den Punkt bringen. „Mission“ – in der Regel Englisch ausgesprochen – ist hier positiv konnotiert, während es im Zusammenhang mit der Kirche negativ besetzt ist, selbst innerkirchlich. Das Aufzählen schlechter Erfahrungen mit Missionswerken oder missionierenden Mitchristen hat den Eindruck erweckt, als hätte es mehr schlechte Erfahrungen mit der Zeltmission gegeben als Zeltmissionseinsätze – so der frühere Landessuperintendent der Hannoverschen Landeskirche Burghard Krause.
Der Philosoph Herbert Schnädelbach zählt Mission zu den sieben Geburtsfehlern und damit zum „Fluch des Christentums“. Für solche Urteile spielt die Verknüpfung der Arbeit westlicher Missionare in den vergangenen Jahrhunderten mit westlicher Hegemonie, Kolonialismus und Rassismus sowie Zerstörung von Kulturen eine entscheidende Rolle. Diese Verknüpfung geschieht selbst da, wo es zu einer Wiederentdeckung von Mission und missionarischer Kirche kommt.
Zweifelsohne ist nicht zu leugnen, dass Verbindungen zu Kolonialismus und Rassismus zu beobachten sind. Das wissen der Missionsgeschichtler Klaus Wetzel und der aus Südindien stammende Missionstheologe Daniel Jeyaraj sehr wohl. Dennoch begründen sie eine differenzierte Wahrnehmung. Mit Blick auf Religionsfreiheit, das Ende der Sklaverei, der Stellung der Frau sowie dem Erhalt von Kultur und Sprache lassen sich interessante Entdeckungen machen, wenn man die Arbeit westlicher Missionare im 18. und 19. Jahrhundert unter die Lupe nimmt. Selbst da, wo westliche Missionare mit einem eurozentristischen Menschenbild aufbrachen, entdeckten sie die kulturellen und literarischen Schätze, wie Daniel Jeyaraj an der Arbeit lutherischer Missionare in Südindien aufzeigt. Mit ihren Bibelübersetzungen und tamilischen Grammatiken förderten sie den Erhalt einheimischer Sprachen. So schließt Klaus Wetzel seinen Artikel mit einigen Thesen, was gewesen wäre, wenn es die Missionsbewegungen vergangener Jahrhunderte nicht gegeben hätte. So benennt u. a. der aus Uganda stammende Erzbischof von York, John Sentamu, bei seiner Einführung den Dank seiner Eltern für den Dienst westlicher Missionare.
Mit Fritz Binde blickt Joachim Schnürle auf das Wirken des vor 100 Jahren verstorbenen ersten Predigers der Zeltmission und zieht eine wichtige Verbindung zum bis auf den heutigen Tag verbreiteten Neukirchener Kalender.
Bislang unveröffentlichte Briefauszügen Gerhard und Luise von Rads ermöglichen einen einzigartigen Einblick in die Lebenswelt eines Alttestamentlers im „Dritten Reich“ und seine persönlichen Anfechtungen. Sie rücken das noch heute zurecht vielbeachtete theologische Lebenswerk in ein besonderes Licht.
In seiner Bibelarbeit geht Klaus Haacker dem Wörtchen „alles“ in 2Kor 5,17 nach, das bereits in der Lutherbibel von 1975 weggefallen ist: „… siehe, Neues ist geworden.“ Damit nimmt Haacker die Frage nach dem Neuen auf, das in Christus geworden ist.
So verbindet sich mit dieser Ausgabe unser Wunsch, dass sie mit dem Blick zurück in die Geschichte sicher geglaubte Meinungen heilsam hinterfragt und so das eigene theologische Arbeiten bereichert.
Reiner Braun und Martin Reppenhagen
Heft 5 (2021)
BIBLISCHE BESINNUNG
Friedmann Eißler:
Interreligiöser Dialog im Geist der Kraft,
der Liebe, der Besonnenheit.
Einführungspredigt über 2. Timotheus 1,7. (306–310)
AUFSÄTZE
Henning Wrogemann:
„Urteile zwischen ihnen nach dem, was Gott herabgesandt hat!“ (Sure 5:48)
Motive zum Verstehen des religiös Anderen im Koran und die Frage des Dialogs. (311–326)
The article sketches the outlines of a Quranic hermeneutics of the religious other based on elemental motifs. It is shown how motifs of unity and motifs of difference are intertwined in such a way that the Quranic message assumes a judging role over other religious actors. The fundamental and comprehensive claim to superiority entailed in this role raises the question what consequences result from this for the topic of interreligious dialogue..
Andreas Jägers:
Evangelisation und Manipulation.
Eine Adaption von Alexander Fischers„Manipulation. Zur Theorie und Ethik einer Form der Beeinflussung“. (327–339)
Evangelism sometimes arouses suspicions of being manipulative. This article investigates the issue using as a point of departure the philosopher Alexander Fischer‘s doctoral thesis, in which he has developed an ethic of legitimate influencing. His approach is briefly presented, and then applied to the topic of evangelism. It is concluded that evangelism, like any form of communication, can potentially be negatively manipulated. It is also shown, however, that evangelism is not necessarily, according to Fischers criteria, an illegitimate form of influencing.
Wilfried Sturm:
Zum Verhältnis von Theologie und Sozialer Arbeit.
Modelle und Perspektiven. (340–353)
The question of the relationship between theology and social work has been newly posed not only by the debate surrounding the professionalization of the latter. It also arises in the context of the modularization of study programs which enables theological modules to be integrated into the curriculum of study for social professions – something which applies above all to universities under Christian sponsorship. This paper builds on the current interdisciplinary discourse and evaluates approaches and models for determining the relationship between theology and social work in recent discussions. This forms the basis for the development of stimuli and perspectives regarding the integration of both disciplines into an overall concept in which theology and social work challenge and stimulate each other.
Markus Schmidt:
Diakonie und Mission.
Ansätze für eine Verhältnisbestimmung. (354–368)
In the perspective of the contemporary Diaconal Science, diaconia and mission seem like separated sisters. In the Mission Science discourse, on the other hand, both sometimes form a unit. The thesis of this article is, that diaconia and mission cannot be separated from each other but they are not identical. The underlying dimensions diakonia and martyria (with leiturgia and koinonia) determine each other..
BERICHTE
Annegret Puttkammer:
„Schwung und neue Ausblicke“.
Die neue Arbeitsstelle „midi“. (369–370)
Andreas-Christian Heidel:
Frühes Christentum – Drei Darstellungen. (371–375)
BÜCHER: 376
EDITORIAL
Welche Mission hat die Kirche in dieser Welt?
Mit seiner Antrittspredigt als neuer Islambeauftragter der Evangelischen Landeskirche in Württemberg verbindet Friedmann Eißler den interreligiösen Dialog mit den wichtigen Begriffen Kraft, Liebe und Besonnenheit und lädt ein, „aus der lebendigen Quelle des Evangeliums“ zu leben und „nicht aus den selbstgemachten Zisternen der eigenen Weisheit“.
Henning Wrogemann beschäftigt sich mit der „koranischen Hermeneutik des religiösen Anderen“. Dabei nimmt er sowohl jene Suren auf, die für eine religiöse Pluralität benannt werden können, als auch jene, die sich ablehnend gegenüber der christlichen Botschaft äußern, die als „göttliche Herabsendungen“ verstanden werden. Sein Plädoyer für die interreligiöse Begegnung lautet: „Nicht Konsens wäre dann das Ziel, sondern mehr Klarheit über den Dissens.“
Andreas Jägers nimmt eine nicht selten geäußerte Kritik auf, der nach sich Evangelisation manipulativer Methoden bediene. Dabei entfaltet er eine differenzierte Sicht auf den Begriff der Manipulation, wendet die hier gewonnenen Prüffragen auf die Praxis der Evangelisation an und stellt „Kriterien für eine ethisch legitime Beeinflussung in der Evangelisation“ auf.
Dem „Verhältnis von Theologie und Sozialer Arbeit“ und nachfolgend dem von „Mission und Diakonie“ stellen sich zwei weitere Aufsätze. Wilfried Sturm fragt nach möglichen Verhältnisbestimmungen zwischen Theologie und Sozialer Arbeit. Konkret geht es ihm um „die Frage nach dem Proprium einer christlichen Sozialen Arbeit“. Dabei stellt er Fragen nach einem möglichen missionarischen Charakter, die Markus Schmidt aufnimmt. Einer anfänglichen Begriffsklärung folgen Zuordnungen und Unterscheidungen, die ein differenziertes Bezogensein beider aufeinander verdeutlicht, ohne sie gar synonym zu verstehen.
Ergänzend berichtet Annegret Puttkammer über die Schaffung der neuen Arbeitsstelle „midi“ für „missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung“, bei der es sich um ein Joint Venture von EKD und Diakonie Deutschland handelt.
Mit „Mission, rette sich wer kann“ hat 1998 der Heidelberger Systematiker Michael Welker die damalige Stimmung in und außerhalb der Kirche wiedergegeben und gleichzeitig für Mission geworben! Mit diesem Heft verbinden wir die Hoffnung, dass nicht Fluchttendenzen geweckt werden, sondern dass die Lektüre dazu führt, die Mission als Mission der Kirche zu verstehen.
Reiner Braun und Martin Reppenhagen
BIBLISCHE BESINNUNG
Rainer Riesner:
Eine Heidin anerkennt Gottes Weg mit Israel.
Predigt zu Matthäus 15,21–28. (234–238)
AUFSÄTZE
N. T. Wright:
(Übersetzt von Daniel N. Herrmann)
Die Bibel und christliche Mission. (239–249)
The article argues that the Christian Bible hinges on Jesus. It looks forwards from his complex achievement to the ultimate establishment of his universal lordship, and to the tasks for which, in anticipation of that end, he commissions his followers and equips them by his Spirit. It looks back to the biblical narratives of creation and covenant, of Adam and Abraham, of Moses, David and the prophets, seeing there the deep roots both of Jesus‘ own work, present and future, and of the church‘s tasks in the interim. The Bible thus constitutes the God-given narrative within which the church discerns its vocation and orders its life. The first Christians did not suppose that their fresh readings of Israel‘s scriptures were identical to those on offer among their Jewishcontemporaries, though there are similarities and analogies. But they claimed that once they saw the events concerning Jesus as the goal towards which the scriptures had been tending they saw not only a deep coherence in the Bible itself but a fresh vision of how those same scriptures, with their tantalising glimpses of a glorious ultimate future, were to be fulfilled. The events concerning Jesus form a coherent whole, despite modern tendencies to break them up, whether into scattered fragments of early Christian reflection or into the two large (and to modern eyes somewhat contradictory) themes of ‘kingdom‘ and ‘cross‘. For clarity‘s sake the article separates the different strands of kingdom, cross, resurrection, ascension, second coming and the gift of the Spirit, concluding with an all-embracing reflection on the underlying theology of Temple and Creation.
E. J. David Kramer:
Mission in der Endzeit.
N. T. Wrights Eschatologie und missionarische Ekklesiologie. (250–266)
By interpreting the end times as commencing in the New Testament period, N. T. Wright locates the church’s mission within an eschatological framework. This article traces the contours of both the past and future dimensions of Wright’s eschatology and recognizes its linchpin in Jesus’ crucifixion and new-creation-inaugurating resurrection. A portrayal of Wright’s eschatologically conditioned missionary ecclesiology follows, focusing on his understanding of the gospel as the proclamation of Jesus’ lordship, his vision for the church’s mission, and his political theology. Finally, the author suggests that Wright’s work is conducive to a missionally focused biblical theology which challenges the church to live in anticipation of the new creation.
Florian Förg:
„Versiegle nicht die Worte der Weissagung“. (Apc 21,10)
Apokalyptische Texte verstehen und predigen. (267–279)
Apocalyptic texts expect the visible kingdom of God to come and thus divide time into two eons. Besides, they distinguish between an earthly and a transcendent reality. Being pseudonymous in authorship, they share a global, sometimes cosmic horizon and expect a ruler who is coming down from God’s heavenly realm. – The exegete should put effort in studying how the text reuses earlier scriptures, motifs, and symbols, and try to understand the historical context as much as possible. – The main focus in preaching apocalyptic texts should be to convey hope to the listeners.
Reiner Braun:
Warum der Bibliolog viel Raum verdient, wenn es um die Vermittlung von Bibeltexten geht. (280–290)
Peter Pitzele zum 80. Geburtstag am 23. Juli 2021 und seiner Frau Susan in dankbarer und herzlicher Verbundenheit.
Among the didactic methods of biblestudy, the bibliodrama (German: "Bibliolog") is of special importance because it is oriented towards biblical and Jewish forms and stands for a unity of form and content. This is shown in particular by the parallelism membrorum. The bibliodrama is particularly close to the "core business" of the church and may become a unique selling point, opening up future perspectives for the church.
BERICHT
Rainer Riesner:
Kritische Geschichte historisch-kritischer Forschung am Neuen Testament: Marius Reiser und Ulrich Wilckens. (291–297)
QUELLE
Helmut Gollwitzer (1908–1993):
Predigen in sterbender Kirche. (298–299)
BÜCHER: 300–304
EDITORIAL
In mehrfacher Hinsicht ist dies ein NT-Heft, wie immer bei den ThBeitr mit Bezug auf die Praxis.
Mit seiner Predigt zur Begegnung Jesu mit der Syro-Phönizierin nimmt Rainer Riesner auch Bezug zu aktuellen Fragestellungen und Entwicklungen. Der NT-ler verbindet ein profundes biblisches Wissen mit eigenen Begegnungen und Erfahrungen.
Im angelsächsischen Sprachraum ist N. T. Wright wahrlich kein Unbekannter, hat er sich doch als Professor für NT an der Universität von St. Andrew und als ehemaliger anglikanischer Bischof von Durham einen Namen gemacht. Neben wissenschaftlichen Werken zur ntl. Forschung stehen allgemeinverständliche Veröffentlichungen zu Kirchen- und Glaubensfragen. Gleich zwei Aufsätze verbinden sich mit seinem Namen und nehmen die Bedeutung christlicher Mission auf.
Im ersten Aufsatz geht N. T. Wright selbst auf das Verhältnis von Bibel und christlicher Mission ein. Ausgehend von Jesu Leben und Werk spannt er einen Bogen von der Schöpfung bis zur Vollendung. Zentral für Wrights Missionsverständnis sind Aussagen wie: „Diese Mission handelt also nicht von der Rettung von Menschen aus der Welt. Es geht um eine Rettung von Menschen für die Welt, für die Aufgaben der Neuschöpfung …“. War klassisch die Aufgabe der „Mission im Blick aufs Ende“ (Walter Freytag) die Sammlung der Gemeinde, wird bei Wright die eschatologische Zukunft zu einem futurum praeveniens, das Reich Gottes bricht herein.
Dieses Verständnis aufnehmend widmet sich E. J. David Kramer N. T. Wrights Verständnis von Eschatologie und Mission. Ausgehend von dessen Eschatologie – „Die alte Schöpfung wird nicht zerstört, sondern … von ihrer Vergänglichkeit befreit werden, um als neue Schöpfung ihr Ziel und ihre Sabbatruhe zu erreichen“ – führt dies zu einer Kirche mit missionarischer Verkündigung sowie mit politischem Engagement. Evangelisation und sozialpolitisches Engagement werden hier nicht als Alternativen, sondern als aufeinander bezogen angesehen.
Der besonderen Herausforderung des Predigens von apokalyptischen Texten wendet sich Florian Förg zu. Dabei bietet sein Aufsatz einen kurzen Einblick in die Apokalyptik, um dann über die Exegese von apokalyptischen Texten zu deren Predigt überzugehen.
Einer besonderen Methodik des Zugangs zu biblischen Texten geht Reiner Braun nach: dem Bibliolog. Dabei zeigt er auf, wie der Bibliolog im alttestamentlichen Textverständnis wie dem Parallelismus membrorum wurzelt und dessen emotionale wie kognitiv-noetische Dimensionen aufnimmt. Dabei ist der Bibliolog natürlich genauso auf NT-Texte anwendbar – wie auch auf kirchengeschichtliche Quellen. (Eine solche bieten wir dar, um Lust zu machen aufs Predigen.) – Wer neugierig auf den Bibliolog geworden ist bzw. schon Erfahrungen damit gesammelt hat, ist herzlich zu einem weiteren LIVE-Talk der Theologischen Beiträge am 16. September eingeladen: „Warum der Bibliolog viel Raum verdient, wenn es um die Vermittlung von Bibeltexten geht“. Hier gibt es auch einen Bibliolog interaktiv zu erleben. Aber keine Sorge: Alle dürfen, niemand muss!
Mit einem Einblick in die kritische Geschichte historisch-kritischer Forschung am NT bietet wiederum Rainer Riesner den Übergang zu den Rezensionen am Ende dieses Heftes.
Viele iNTeressierte Leserinnen und Leser wünschen sich
Reiner Braun und Martin Reppenhagen
Heft 3 (2021)
Schwerpunkt: Assistierter Suizid?
BIBLISCHE BESINNUNG
Stefan Claaß:
Assistierter Weg nach Hause.
Predigt über Markus 2,1–12. (155–158)
AUFSÄTZE
Ralf Frisch:
Jenseits von Eden.
Warum die Theologie in Teufels Küche kommt, wenn sie in Sachen assistierter Suizid nicht mehr die Sprache des christlichen Glaubens spricht. (159–172)
What happens when in theological debates on assisted suicide theological arguments vanish and secular arguments are taking their place? The German Federal Constitutional Court ruling of February 2020 on the professional promotion of suicide is likely to be the final nail in the coffin of Christian culture because it leads to an utterly antichristian understanding of reality and humanity. If theology abandons its divine subject and regards autonomy and self-determination not only as God-given but as God-like, it turns Christian faith into its opposite – especially when assisted suicide is undialectically considered an act of mercy or sheer freedom. Wherever Christian ethics loses the rhythm of its genuine narrative, it risks to surrender itself rather to the domain of sin than into the hands of God. Therefore, theological ethics needs the courage to spotlight God as a change agent who steps in between humanity and death and reveals that Christ is the redeemer and death is not.
Günter Thomas:
Im Raum der Barmherzigkeit Gottes leben und sterben.
Theologische Beobachtungen zum bedingungslosen Recht auf Selbsttötung und den assistierten Suizid. (173–190)
Living and Dying in the Space of God's Mercy. Theological Observations on the Unconditional Right to Suicide and Assisted Suicide. – Based on the decision of the German Federal Constitutional Court of February 2020 on the right to assisted suicide, the article analyzes in a first step the four most important legal-philosophical foundations of the decision: 1. the separation of assisted suicide from all real life conditions; 2. the localization of the dignity to be protected in the act of free self-determination; 3. the invention of a right to a certain form of self-determination; and 4. the appreciative objectification of suicide as a socially supported option for shaping life or death. In contrast to natural law or purely creation-theological argumentations, the article then unfolds a pointedly evangelical critique of assisted suicide. It concentrates on God's not only liberating but also binding judgment of mercy, which is derived from the entire Christ event. After this basic theological section, a subsequent section considers the expected consequences of assisted suicide for the ecology of an ethos of care.
Michael Herbst:
„… denn ich möchte lieber tot sein als leben“.
Ein kritischer Beitrag zur gegenwärtigen Debatte über den assistierten Suizid. (191–217)
This paper introduces into the current debate over the assisted suicide and its moral and legal aspects. The author offers a critical perspective on the recent post of three prominent theologians who plead for the affirmation of the self-determined desire for assisted suicide in diaconical institutions. Even if we approve the idea of self-determination (as the free consent of the believer to follow God’s commandments), we have to question the valuation of the desire for assisted suicide as a free and self-determined decision. Researchers describe the inner situation of suicidal persons as a a state of hopelessness and depression. This paper pleads for a trustful relationship in pastoral care: every emotion can be expressed, also the strong longing for an end of suffering, but with the intention to show alternatives to the assisted suicide and help regain hope for the last stretch of one’s earthly voyage.
DOKUMENTATION
Neukirchener Erziehungsverein:
Kein Mandat zur Sterbehilfe. (218–219)
AD PERSONAM
Werner Neuer:
Die Weite in der Theologie Klaus Bockmühls (1931–1989). Eine Würdigung zum 90. Geburtstag. (220–224)
BÜCHER: 225–232
EDITORIAL
Um den assistierten Suizid ist eine kontroverse Debatte entstanden. War es nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020, das das gesetzliche Verbot einer geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe mit Hinweis auf das Selbstbestimmungsrecht des Menschen aufhob, relativ ruhig geblieben, änderte sich die Diskussionslage mit einem Gastbeitrag dreier prominenter Evangelischer in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 11. Januar 2021. Unter der Überschrift „Den assistierten professionellen Suizid ermöglichen“ nahmen der Münchner Systematiker Rainer Anselm, die Bochumer Praktische Theologin Isolde Karle und der Präsident des Diakonischen Werkes Ulrich Lilie die Begründung der Selbstbestimmung des Bundesverfassungsgerichts auf. Anstatt sich zu verweigern, sollten Möglichkeiten geschaffen werden, „einem Sterbewilligen unter kontrollierten und verantworteten Rahmenbedingungen in einem aus dem christlichen Glauben entspringenden Respekt vor der Selbstbestimmung Beratung, Unterstützung und Begleiten“ anzubieten.
Die Reaktionen von Seiten der EKD, der katholischen Bischofskonferenz und einzelner diakonischer Einrichtungen blieben nicht aus. Im Kulturmagazin der evangelischen Kirche ZEITZEICHEN entstand eine heftige Auseinandersetzung zum Thema, an der sich u. a. auch der Wiener Systematiker Ulrich H. J. Körtner sowie Günter Thomas (Bochum) und Ralf Frisch (Nürnberg) beteiligten. Ihre Entgegnungen mit pointiert gesetzten Formulierungen erschienen unter den Titeln „Friendly Fire“ (Beschuss aus den eigenen Reihen) und „Mich fröstelt“.
Begleitet von vielen kontroversen Leserbriefen ging auch die Debatte in der FAZ weiter. Am 28. Februar 2021 schrieb Günter Thomas unter dem Titel „Von der aufrichtigen Barmherzigkeit Gottes“ von einer „Nagelprobe für die Diakonie“. Am 25. Mai 2021 antworteten wiederum Anselm, Karle und Lilie mit einem weiteren Gastbeitrag, reagierten auf Kritik und präzisierten ihre Vorschläge. Dabei hielten sie fest, dass „der überzeugendste Damm, den wir gegen eine problematische Ausweitung der Suizidhilfe bauen können, derjenige [ist], eine in klaren Grenzen restriktive und verantwortliche Öffnung zuzulassen – auch in kirchlichen Einrichtungen“. Dies wurde bereits in einer ersten Reaktion auf den Vorschlag für einen assistierten Suizid in kirchlichen Einrichtungen als „schräger Vorstoß“ bezeichnet oder als Versuch, den Tiger zu reiten, indem sie selbst als Anbieter auftritt (so Christian Geyer in der FAZ vom 12. Januar 2021).
Mit dem Themenheft zum assistierten Suizid nehmen die Theologischen Beiträge diese aktuelle Diskussion auf und stellen sie in größere theologische Zusammenhänge.
Mit seinem Beitrag entfaltet Ralf Frisch die These, dass das Schweigen der Theologie in dieser Debatte letztlich selbstzerstörerisch sei und die „Nacktheit säkularer Theologie“ offenbare. Schon hier zeigt sich, dass es um mehr als eine rein ethische Fragestellung geht. Dabei plädiert er für eine Theologie, die sich wieder selbst ernstnimmt und bereit ist, auch Widerstände in Kauf zu nehmen, und setzt sich kritisch mit dem Bezug auf die menschliche Selbstbestimmung auseinander. So sieht er in einer undialektischen Wertschätzung der Selbstbestimmung eine theologische Erhebung des Sündenfalls. Es folgt eine Auseinandersetzung mit Gen 3.
Ebenfalls von der Notwendigkeit einer genuin theologischen Verständigung ausgehend benennt Günter Thomas in seinem Beitrag bedeutende Verschiebungen durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sowie mögliche theologische Reaktionen darauf. Dabei geht er der tieferliegenden Bedeutung der Selbstbestimmung nach und bezeichnet die Selbsttötung aus der Sicht des Urteils Gottes als ein Fehlurteil. Durch die Assistenz überschreitet der Suizid die Grenzen des Persönlichen und wird zu einem sozial bestätigten Urteil. Dem setzt Thomas die Barmherzigkeit Gottes entgegen.
Für das nächste Livegespräch der Theologischen Beiträge konnten wir Günter Thomas gewinnen, der gerne mit uns über das angesprochene Thema ins Gespräch kommt: Donnerstag, 8. Juli 2021, 18.30 Uhr. Weitere Informationen sowie den Link finden Sie auf unserer Homepage: www.theologische-beitraege.de.
Mit dem Stoßgebet des Jona aus dem Inneren des Fisches „… denn ich möchte lieber tot sein als leben“ bietet Michael Herbst einen kritischen Beitrag zur gegenwärtigen Diskussion, unter Berücksichtigung ethischer, seelsorglicher und psychiatrischer Aspekte. Dabei plädiert er für die Seelsorge mit suizidalen Menschen, dass Menschen in ihrer Not diese benennen dürfen, ohne verurteilt zu werden. Des Weiteren geht er auf Fragen nach Alternativen im Umgang mit schwer- bzw. sterbend kranken Menschen um und diskutiert u. a. den freiwilligen Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit. Wichtige Erkenntnis bei der Beschäftigung mit dem Thema ist die, „dass es trotz allem nicht glatt aufgeht“. Gerade hier gilt es, den tragischen Situationen voll unerträglichem Schmerz nicht auszuweichen, um die gerade der Seelsorger weiß.
Als eine der ersten diakonischen Einrichtungen hat neben Bethel der Neukirchener Erziehungsverein mit einer eigenen Stellungnahme auf den Vorschlag für einen assistierten Suizid in kirchlichen Einrichtungen reagiert. Diese dokumentieren wir hier.
Von Assistenz spricht auch die Predigt über die Heilung des Gelähmten von Stefan Claaß. Es ist von einem Freundesdienst die Rede, von dem Dienst von Freunden, vom Dienst an einem Freund, bei dem das Tragen zu einem Handeln mit tieferer Bedeutung wird.
Nicht nur, aber auch bei unserem Schwerpunktthema geht es um die „Wahrung biblischen Glaubens zur Wahrnehmung christlicher Weltverantwortung“. Das war das Anliegen von Klaus Bockmühl (1931–1989), dem Systematiker und Ethiker, dem „Freund des Pietismus“. Anlässlich seines 90. Geburtstags würdigt ihn Werner Neuer in seinem Beitrag und öffnet damit das Themenfeld für weitere Debatten.
Zuletzt noch ein redaktioneller Hinweis: Wer es gewohnt ist, die Theologischen Beiträge in der Reihenfolge ihrer Beiträge zu lesen, wird Wiederholungen entdecken, wenn erneut Bezug auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und auf den FAZ-Artikel genommen wird. Da die Artikel auch je für sich stehen und im Archiv unabhängig voneinander rezipiert werden, haben wir dies gerne in Kauf genommen.
Mit dem aktuellen Themenheft verbinden wir die Hoffnung, dass dieses einen wichtigen Beitrag für Ihre eigene Meinungsbildung in wichtigen kirchlichen und ethischen Fragen leisten kann und verbleiben mit besten Wünschen in der Festzeit des dreieinen Gottes.
Reiner Braun und Martin Reppenhagen
Aktuelle Ausgabe: Heft 2 (2021)
u Für alle, die die ThBeitr abonniert haben, schon jetzt digital zu lesen!
BIBLISCHE BESINNUNG
Hans Walter Wolff:
Die Erneuerung der Kirche.
Predigt über Hosea 3,1–5. (74–77)
AUFSÄTZE
Heinzpeter Hempelmann:
Schwache Kirche unter den Verheißungen eines starken Gottes.
Wie die Kirche Zukunft gewinnen kann. (78–97)
This essay takes up the article in thbeitr 2020/issue 6. In the earlier article 11 reasons were given why the present form of church does not have a future. In this essay the perspectives for just such a weak church are unfolded: A church that confesses the guilt it has incurred in the past and therefore says yes to the loss of its parochial power; a church that no longer claims to be the presence of the true, the right, the good and the beautiful; a church that points away from itself and just so points in the right direction – to Christ; a church that does not want to exist out of itself and for its own sake; a church that does not assert itself and is not an end in itself; a church that renounces exclusive claims of validity; a church that discovers the brothers and sisters and goes forward together with them; a church that does not rely on means of power of any kind, but on the promise of support by the exalted One and on his promise for the continuation of his church; a church that throws off the Constantinian armor and – thus relieved – is ready to decamp; a church that does not invest in stones, but in people; a church that no longer allows itself to be bound by the logics of institutions; a church that – always inspired anew by Christ – allows itself to be swept into the mission of the triune God.
Christoph Glimpel:
Überlegungen zum Verhältnis von Krankheit und Schuld. (98–108)
It has not only been since the arrival of Covid-19 that people have been asking about God’s role in causing illness and suffering. But what can we say for certain about this? There is a theological tension between viewing God as the creator of destructive forces, and also God as the one who controls or domesticates these same forces. This essay seeks on a Biblical basis to convert this tension into a dynamic of God overcoming evil with good. Although this strategy remains inadequate in resolving this most basic theological question of God’s role in illness and suffering, the strategy itself leads to the positive outcome of solidarity between those who do not fully understand God and God’s ways.
Marius Reiser:
Die Neugestaltung von Ehe und Familie im frühen Christentum. (109–120)
The subject of this article is marriage and family in early Christianity on the background of the conditions of pagan society in the Greco-Roman world. It is exemplified with the household code in Col 3:18-4:1. Topics are the subordination of wives to their husbands, divorce, the situation of widows, the treating of slaves and children. Finally there is a look on the social and cultural vision in Gal 3:28. In several points christian ethos and ethics differ decidedly from pagan and jewish forms. In certain respects modern society has returned to prechristian ethos and practices: for good or for evil?
Michael Heymel:
Das Gebet bei Dietrich Bonhoeffer. (121–134)
This article outlines Bonhoeffer’s theology of prayer and its biographical background. As a cosmopolitan Protestant theologian Bonhoeffer found his own Christian way of life. Women accompanied his faith development, especially his mother, his grandmother and Ruth von Kleist-Retzow, grandmother of his later fiancée Maria von Wedemeyer. In his theology of prayer Jesus Christ occupies the central position. He understands the Lord’s Prayer as authoritative prayer embracing all praying. Only mediated by Christ we can find the father in prayer. Also the psalms we can pray only in the name of Jesus. Bonhoeffer stresses that praying has to be practiced. In his letters from prison he mentions three connected attitudes: Praying, Doing what is righteous and Waiting on God’s time.
BERICHT
Johannes Zimmermann:
Über das Individuum hinaus: Religion als „soziale Praxis“, Christsein als „Lebensform“. (135–142)
BÜCHER: 143–152
EDITORIAL
Auch in diesem Heft geht es wiederum – wenn auch nicht nur – um die Zukunft der Kirche.
So hält Hans Walter Wolff (1911–1993), einer der großen Alttestamentler des 20. Jahrhunderts, in seiner Reformationspredigt von 1956 fest: „Es ist traurig, daß die Erneuerung der Kirche häufig nur auf diese Weise von Gott bewirkt wird, daß also die Kirche nur in der Wüste erneuert wird.“ Damit verbindet sich die Einsicht, dass Krisenzeiten für die Kirche nicht neu sind und dass diese die Verheißung der Erneuerung in sich tragen.
Den von Wolff benannten Glauben an Gott und damit verbunden „an die Erneuerung der Kirche und der Christen“ nimmt Heinzpeter Hempelmann in seinem zweiten Artikel zur Zukunft der Kirche auf. So geht eine schwache Kirche mit den Verheißungen eines starken Gottes in die Zukunft. Denn „Gott setzt auf das Schwache“, sodass „Perspektiven für eine heruntergekommene Kirche“ entstehen. Es entsteht das Bild einer „Kirche ohne Konstantinische Waffenrüstung“, das anhand von Konkretionen entfaltet wird.
Dazu laden wir zu einem weiteren Live Talk am 17. Mai um 18.30 Uhr ein. Weitere Informationen dazu finden Sie unter www.theologische-beitraege.de.
Mit seinen „Überlegungen zum Verhältnis von Krankheit und Schuld“ nimmt Christoph Glimpel eine nicht nur in Coronazeiten virulente Fragestellung auf. Krankheit lässt nach dem Warum oder gar nach der eigenen Schuld fragen. Unter Bezugnahme auf verschiedene Bibelstellen – Hiob begegnet uns ebenso wie die Schlange sowie Psalmgebete – nimmt Glimpel den Begriff der Chaosmächte auf und erteilt allen Rationalisierungsversuchen eine Absage.
Die Frage nach Ehe und Familie wird stets neu gestellt und diskutiert. Mit seinem Beitrag blickt Marius Reiser auf das frühe Christentum und hier besonders auf paulinische Texte. Mit der in Christus begründeten neuen Gemeinschaft ergibt sich eine Gleichberechtigung der Geschlechter, was Reiser als christliches Ideal bezeichnet. In Christus ändern sich ansonsten geltende gesellschaftliche Konventionen.
In seinem Taufbrief aus dem Jahr 1944 an Dietrich Bethge fokussiert Dietrich Bonhoeffer eine um ihren Selbsterhalt kämpfende Kirche auf „Beten und Tun des Gerechten“. Auf Ersteres verweist Michael Heymel und hebt die Bedeutung des Gebets für Bonhoeffer als einem weltoffenen Protestanten, „der viel betet“ hervor. Ausgehend von der Finkenwalder Erfahrung des gemeinsamen Lebens bis hin zu den Hafterfahrungen entfalten sich Einblicke in das Gebetsleben des großen Theologen und Widerstandskämpfers.
Mit seinem Buchbericht zu aktuellen Veröffentlichungen im Bereich der Praktischen Theologie zu Religion als „soziale Praxis“ eröffnet Johannes Zimmermann den Rezensionsteil.
In allem leiten uns die Hoffnung und das Gebet, dass Gott auch diese Beiträge nutzt, um seiner Kirche Zukunft zu schenken.
Reiner Braun und Martin Reppenhagen
P.S. Schon jetzt wollen wir auf Heft 3 verweisen, das als Themenheft mit drei Aufsätzen die aktuelle Diskussion um den assistierten Suizid aus systematischer und praktisch-theologischer Sicht aufnimmt.
Aktuelle Ausgabe: Heft 1 (2021)
BIBLISCHE BESINNUNG
Annegret Puttkammer:
Die drei letzten Worte Jesu am Kreuz – sein Vermächtnis. (2–7)
AUFSÄTZE
Hans-Christian Kammler :
„Solus Christus crucifixus“
Das Kreuz als Mitte und Maß der paulinischen Theologie. (8–33)
In the Heidelberg Disputation (1518) the reformer Martin Luther invoked Paul as his most important biblical witness, when he developed his own theology programmatically as a theologia crucis. This study asks, whether the cross of Jesus Christ – as Luther posited –actually determines the entirety of Pauline Theology, and whether therefore the cross forms the decisive criterion and point of reference for all theological loci (especially for Christology, Pneumatology, Anthropology, Ecclesiology and Eschatology). For a Protestant Theology committed to the doctrine of sola scriptura, this question is not only one of exegetical significance, but a matter of great systematic and dogmatic importance.
Klaus Haacker:
Wie stimmig ist das Wort vom Kreuz?
Zu einem „Grundlagentext“ des Rates der EKD. (34–46)
The topic of this article is an official treatise on the meaning of Christ’s death, published by the Council of the Evangelical Churches in Germany in 2015. The author doubts its benefit for the general public and points out exegetical weaknesses, e.g. in the translation of and appeal to 2 Cor 5:19. Compared with the New Testament evidence, the idea of sacrifice turns out too prominent, and the term “redemption” is not derived from the conviction that sins are calling for a price to be paid.
QUELLE
Martin Niemöller (1892–1984):
Not und Aufgabe der Kirche in Deutschland. (47–49)
BERICHT
Christoph Rösel:
Die BasisBibel – ein Einblick in die Übersetzungswerkstatt. (50–62)
The BasisBibel is a new translation that is published by the German Bible Society and is launched in January 2021. The report gives an insight into the translation process and describes the profile of the translation. The BasisBibel is a scientifically responsible and particularly easy to understand contemporary Bible translation. It finds an independent and innovative solution to combine loyalty to the source text and comprehensibility for today’s readers. Explications in the text itself are used more cautiously compared to other communicative translations. In return, there is all the more background information in short comments in the margin column or in digital editions as a link. The BasisBibel can vary contextually in the choice of words, but theological basic concepts remain clearly recognizable. The BasisBibel attaches great importance to the linear communication of information and simply structured sentences. These elements, which are crucial for comprehensibility, are enhanced digitally and in some printed editions by an arrangement in lines of meaning. This innovative translation profile of the BasisBibel shows why this new translation is needed and how it will find its place in the landscape of German Bible translations.
BÜCHER: 63–72
EDITORIAL
Gerade ist im Amerikanischen eine viel beachtete „Paulinische Dogmatik“ erschienen, die die Auferstehung zum zentralen Begriff der Theologie des Apostels macht und Tod und Sünde von daher beleuchtet (Doug A. Campbell, The Triumph of God’s Love. Pauline Dogmatics, Grand Rapids 2020). Dazu passt die Wahrnehmung, dass die Rede vom Kreuz immer weniger Zuhörer findet.
Nicht wenige, die Karfreitag zu predigen haben, klagen über „das Kreuz mit dem Kreuz“. Schon Paulus spricht von der Torheit des Wortes vom Kreuz (1Kor 1,18). Und Friedrich Nietzsche lässt mit seiner lakonischen Polemik den einzigen Christen am Kreuz sterben. Man hat es nicht leicht mit der Kreuzesrede. Doch waren wir schlecht beraten, wenn wir Leichtigkeit oder Akzeptanz zu den Kriterien christlicher Theologie und Rede machen würden. Wir sind herausgefordert, das Wort vom Kreuz in unseren verschiedenen Lebensbezügen zu hören und in den Kontexten dieser Welt zu bezeugen.
„Ich konnte nicht leben ohne Karfreitag und Ostern.“ Mit diesem persönlichen Statement widmet sich Annegret Puttkammer dem Vermachtnis Jesu, seinen drei letzten Worten am Kreuz nach dem Johannesevangelium und endet mit dem Satz: „Wir dürfen leben im Vertrauen auf Gottes Vollendung.“ So bringt sie uns auf den Weg unters Kreuz und darüber hinaus nach Ostern.
Mit „Solus Christus crucifixus“ führt Hans-Christian Kammler in die paulinische Theologie ein, deren Mitte er im Kreuz sieht; anders als Campbell interpretiert er von daher auch die Auferstehung. Er stellt die Auswirkungen auf Anthropologie und Ekklesiologie bis hin zur Ekklesiologie dar und entfaltet so eine paulinische Theologie in nuce.
„Wie stimmig ist das Wort vom Kreuz?“ fragt Klaus Haacker und stellt die Rede vom Kreuz in aktuelle Zusammenhänge und Fragestellungen hinein.
Die Predigt von Martin Niemöller, die dieser bereits im Marz 1946 in der Schweiz hielt, ist nicht nur ein Zeitdokument, sondern hoffentlich auch eine Inspiration und Orientierung für heutige Fragen nach Sünde und Schuld. Und wenn Niemöller auf das gottesdienstliche Leben seiner Zeit blickt, lassen sich durchaus Parallelen zur aktuellen Situation erkennen.
Christoph Rösel stellt die nunmehr als AT und NT erschienene BasisBibel vor und gibt gleichzeitig Einblicke in die verschiedenen Strategien des Bibelübersetzens.
Mit diesen gedruckten Angeboten sowie mit der Fortsetzung unserer Reihe „Theologische Beiträge – LIVE“ freuen wir uns, weiter mit Ihnen auf dem gemeinsamen Weg im Gespräch zu bleiben. Unser nächster Gast am 10. 3. um 18.30 Uhr per ZOOM ist Johannes Wischmeyer, Referent für Studien- und Reformfragen der Evangelischen Kirche in Deutschland und Mitverfasser der aktuell vielfach diskutierten 12 Thesen zur Zukunft der EKD. Infos auf unserer Homepage.
In diesem Sinne nicht nur: „Auf Wiederlesen“, sondern auch „Auf Wiedersehen!“
Reiner Braun und Martin Reppenhagen
BIBLISCHE BESINNUNG
Richard B. Hays:
Dunkle Fruchtwerdung: Warten voller Hoffnung. (395–406)
AUFSÄTZE
Ulrich Heckel:
Heiden, Völker und Nationen. Paulinische Einsichten und heutige Perspektiven. (407–423)
In the Jewish tradition am/laós is used for the people of Israel, gojim/éthnē for the other peoples who live an immoral life without YHWH‘s Torah. For Paul, pagan polemics is not an expression of xenophobia, but a stylistic device for criticizing evildoers in the church. In mission, however, he prefers the self-designation „Greeks“. Through baptism the contrast between Jews and Gentiles belongs to the old aeon since the believers, as a new creation in Christ, are all one (Gal 3:27f; 6:15). Where Christ has created a new man, there is „no longer Greek nor Jew“ (Col 3:10f). This „one new human being“, as a type of renewed humanity in the collective sense, receives an ecclesiological meaning „in one body“, i. e. in the church (Eph 2:15f). Here neither nationalism nor internationalism is valid, but the worldwide ecumenism as unity in reconciled diversity.
Ralf Frisch:
Eine kurze Geschichte der Gottesvergessenheit. Einige Gedanken zum Zustand der evangelischen Kirche einhundert Jahre nach Karl Barths Revolution der Theologie. (424–439)
Reflecting on the former Christian West, how did we arrive at the point of widespread de-churching, increasing loss of social relevance and creeping self-secularization of theology and church? The pointed anamnesis of this problem, in light of the history of Protestantism, culminates in the observation, that faith in man and his social-ethical possibilities, despite all critique of humanism and its gradual demise, assert themselves in the Protestant Church more tenaciously, confidently and with more blue-eyedness than faith in God and the insight into sin and the need for redemption of man. This breaks with fundamental insights of the Reformation and turns the Reformation creed into its de facto legalistic opposite. In order to deal with this theological crisis of the contemporary church, Ralf Frisch proposes to recall God's wholesome otherness and to make Karl Barth's theology dialectically fruitful in a situation where God is forgotten.
Einladung zur Diskussion
Die Herausgeber der theologischen beiträge laden herzlich zu einer Videokonferenz mit dem
Autor ein, an der sich alle Interessierten beteiligen können. Termin: 4. Februar 2021, 18.30 Uhr.
KONTROVERS
Heinzpeter Hempelmann:
Warum die Kirche keine Zukunft hat. 11 Provokationen. (440–456)
Michael Herbst:
Grüße aus der Bruchbude. Eine Entgegnung. (457–470)
BERICHT
Armin D. Baum:
Wissenschaftliche Schriftauslegung für unsere Zeit. Klaus Haackers erfrischender Kommentar zur Apostelgeschichte. (471–473)
BÜCHER: 474–480
EDITORIAL
Wir freuen uns, Ihnen mit dieser Ausgabe ein Heft bieten zu können, das nicht nur von der Seitenzahl her umfangreich ist. In den letzten Wochen und Monaten ist eine Fülle profitabler Artikel eingegangen, die wir sehr gern an Sie weitergeben. Wenn Sie von den Heften dieses Jahrgangs profitiert haben, würden wir uns sehr freuen, wenn Sie anderen davon berichten könnten. Das großartige Engagement des Pfarrerinnen und Pfarrer-Gebetsbundes, für das wir sehr dankbar sind, macht es auch in diesen allgemein schwierigen Zeiten möglich, Theologiestudierenden ein Abonnement für zwei Jahre zu schenken sowie anschließend zu einem reduzierten Preis zu ermöglichen. Umso schöner, wenn Sie diese Zielgruppe darauf aufmerksam machen, die wir aufgrund der Corona-Einschränkungen kaum anders erreichen.
Diese Ausgabe ist auch international. So finden Sie unter der Rubrik „Biblische Besinnung“ einen Beitrag aus den USA, der auf besondere Weise die Verbindung zwischen akademischer Theologie, gelebtem Glauben und Gemeindepraxis verdeutlicht. Es folgt ein biblisch-theologischer Beitrag zu den uns begleitenden und beschäftigenden Diskussionen zu Integration und anderen Kulturen.
Mit drei Artikeln, von denen einer einen Schweizer Theologen in den Blick nimmt, wagt diese Ausgabe kritische Blicke auf Theologie und Kirche. Wir hoffen damit einen weiteren Beitrag zur anhaltenden Diskussion über die Zukunft der Kirche zu leisten.
Freuen Sie sich auf die Lektüre und lassen Sie sich zum weiteren Nachdenken anregen, denn zum „thought provoking“, wie es im Englischen heißt, wollen wir beitragen.
Zum Inhalt
Die Duke University in North Carolina zählt zu den Spitzenuniversitäten der USA und Richard B. Hays kann zweifelsohne als einer der renommiertesten Neutestamentler des Landes bezeichnet werden. In seinem sehr persönlich gehaltenen Abschiedsvortrag mit deutlich pastoralen Zügen nimmt er vor allem Jesu Rede vom Weizenkorn aus Joh 12 sowie den Hoffnungstext des Apostels Paulus in Röm 8 auf. Dabei zeichnet er ein Bild von Kirche als einem Versammlungsort von Gefallenen.
Ulrich Heckel, Professor für Neues Testament in Tübingen und Oberkirchenrat in Stuttgart, widmet sich aus der Perspektive seines Fachgebiets einem aktuellen Thema in einer multikulturellen Gesellschaft und fragt nach „Heiden, Völker(n) und Nationen“. Die besondere Stärke des Textes besteht gerade darin, dass Heckel den Begriffen nachgeht und zentrale paulinische Texte auslegt. Damit bietet er wichtige biblisch-theologische Einsichten für heutige Auseinandersetzungen.
Zum Barthjahr 2019 veröffentlichte der Theologische Verlag Zürich ein Buch mit dem provozierenden Titel: „Alles gut. Warum Karl Barths Theologie ihre beste Zeit noch vor sich hat“. Der Verfasser Ralf Frisch, Professor für Systematische Theologie und Philosophie, nimmt uns in seiner kurzen „Geschichte der Gottvergessenheit“ hinein in die neuzeitliche Theologiegeschichte und stellt dabei aktuelle Anfragen an Theologie und Kirche. So hinterfragt er die Ethisierung des Glaubens seit Kant und wirbt mit Barth für die Gottesrede.
„Kirche ist Zukunft“ hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) unlängst zu ihrer Synode getitelt und damit die vielfachen Fragen nach der Zukunft der Kirche bzw. nach einer Kirche der Zukunft aufgenommen. Dabei ist die Rede von der Krise oder gar den Krisen der Kirche allgegenwärtig und wird die Kirche(n) auch zukünftig begleiten. Gleichfalls ist die Krisenrhetorik nicht neu, vielmehr begegnet sie an wichtigen Stellen in der Kirchengeschichte, oftmals mit Erneuerungsbestrebungen und Erweckung verbunden.
Ein deutlich düstereres Zukunftsbild zeichnet hier Heinzpeter Hempelmann, Systematischer Theologe und Philosoph sowie früherer Herausgeber der Theologischen Beiträge, indem er für die vorfindliche Kirche keineZukunft sieht und dies mit entsprechenden Beobachtungen untermauert.
Mit seinen Thesen hat er bereits im Herausgeberkreis eine Kontroverse ausgelöst. War es für die einen der Weckruf des Jona in Ninive, die sie sich an Offb 3,1 erinnert fühlten („Du hast den Namen, dass du lebst, und bist tot.“), so war es für andere ein Stakkato apodiktischer Urteile ohne ausreichende Differenzierung.
Mit seinen „Grüße[n] aus der Bruchbude“ nimmt Michael Herbst, Professor für Praktische Theologie in Greifswald und ebenfalls ehemaliger Herausgeber der Theologischen Beiträge, die Thesen auf, stimmt diesen durchaus auch zu, setzt ihnen jedoch andere Wahrnehmungen entgegen. So kommt er zu einem gegenteiligen Ergebnis.
Wir freuen uns, dass wir mit diesen beiden profilierten Artikeln unter der Rubrik Kontrovers ein gemeinsames Ringen um die Kirche aufzeigen können, das gerade auch darin besteht, aus der eigenen Perspektive verfehlte Entwicklungen und Entscheidungen in Kirche und Theologie aufzuzeigen. Dabei hoffen wir auf weitere Dispute. Denn in Zustimmung und Ablehnung schärft sich die eigene Position.
Leserinnen und Leser zum gemeinsamen Mitdenken eingeladen
Künftig planen wir regelmäßige ZOOMinare mit denen, die Artikel verfasst bzw. bereits veröffentlich haben. Dazu sind alle Leserinnen und Leser herzlich eingeladen. Wir möchten Sie stärker interaktiv an der Zeitschrift beteiligen und ein Diskussionsformat ohne lange Anfahrtswege eröffnen.
Für das erste ZOOMinar Anfang Februar konnten wir Prof. Dr. Ralf Frisch (Nürnberg) zu seinem genannten Artikel gewinnen. Weitere Informationen finden Sie dazu auf unserer Homepage: www.theologische-beiträge.de.
Falls Sie weitere Anregungen haben oder etwas kommentieren wollen, schreiben Sie uns! Wir freuen uns über den Kontakt zu Ihnen! Und: Bleiben Sie in diesen herausfordernden und turbulenten Zeiten von dem Gott behütet, der seine Engel auch heute noch angesichts der Geburt seines Sohnes sagen lässt: „Fürchtet euch nicht!“
Reiner Braun und Martin Reppenhagen, Herausgeber
BIBLISCHE BESINNUNG
Martin Reppenhagen:
„… und freu dich an Christus“. Predigt über Philipper 4,4.
AUFSÄTZE
Reiner Braun:
Freude an Jesus Christus – die Stärke der Kirche.
“... and rejoice in Christ” – that is what Martin Luther wrote to Philipp Melanchthon. How great is this joy in the church today? Is not the lack of joy one of the reasons the church has lost its attractiveness to many of our contemporaries? This article focuses on church-historical, liturgical and homiletic aspects in order that we may learn anew the joy in Christ, as Dietrich Bonhoeffer says.
Klaus Haacker:
Die Geburt der Theologischen Beiträge aus einer Vertrauenskrise zwischen Theologie und Gemeinde.
The journal Theologische Beiträge emerged as a response to questionable developments in academic theology ('demythologizing' and 'existential interpretation') which had fatal effects on the preaching of pastors and disturbed churchgoers. The decision to launch the journal was made by the Pfarrergebetsbruderschaft (pastors united in prayer and mutual support), especially Otto Rodenberg, and the publisher Rolf Brockhaus, supported by young theologians from the German branch of the International Fellowship of Evangelical Students (IFES) and conservative professors of theology, especially Gustav Stählin.
Rainer Riesner:
Warum der Jesus, der durch den Staub Galiläas gewandert ist, zurecht angebetet wird.
Jesus condensed key points of his preaching in memorable doctrinal summaries and pictorial parables. The form of his sayings ensured that the self-interpretation which Jesus gave to his vicarious death as the messianic Son of Man – Servant of God was preserved. God confirmed this claim through the raising of the crucified one. There is a demonstrable continuity from the preaching of Jesus through the faith of the early Jerusalem church to the theology of the apostle Paul. This continuity includes, not least, the acknowledgment of the divinity of Jesus.
Mihamm Kim-Rauchholz:
Die historische Verankerung der Christologie. Warum der Jesus, der durch den Staub Galiläas gewandert ist, zurecht angebetet wird.
Christian faith is founded in the life and death of a historical person, Jesus of Nazareth, and therefore cannot do without the historical inquiry. In the quest for the historical Jesus the lack of the necessary self-critique of one's own philosophical and theological a priori assumptions that categorically excluded the possibility of God's intervention in human history, has led to the fact that the results often reflected one's own worldview rather than doing justice to history as it is as an object of research.
Therefore new methodological revisions and steps are needed that do justice to both, the characteristics of the theological discipline and its historical character.
Thomas Pola:
„Über mich hat jener geschrieben“ (Joh 5,46). Christus im Alten Testament – eine Skizze.
This essay concentrates on the exegetical aspect of the issue “Christ in the Old Testament”. On the one hand, the OT is whether Jewish nor Christian in an objective sense, as its Jewish or Christian readings are a question of subjective interpretations. On the other hand, the Christian reading of the OT will start in the NT, its manifold understanding of the OT. In addition to that the reverse direction, from the OT to the NT (given e.g. in Hebr 1:1 2), is necessary in order to work out the original self-understanding of each OT passage (also in the Septuagint) and its function in the different branches of the biblical tradition history (“Traditionsgeschichte”). Moreover, an adequate NT exegesis requires an accurate knowledge of the OT traditions as expressed in quotations, allusions, motives, and formulas in order to understand the NT passages concerned (e.g. John 1:14, 17) due to the fact that they were originally directed to the religiously educated Jewish audience in the Greco-Roman world.
Sabine Schmid:
Leben und Loben. Zum Gotteslob in den Korachpsalmen in gesamtbiblischem Horizont.
Praise to God plays an important role in the Psalms of Korah and contains different aspects that may contribute variously to current forms of worship. These psalms highlight the outstanding role of remembering the story of God and his people Israel. It is because of this story, above all else, that those praying find their way back to worship even while lamenting. Moreover, praise to God expresses life and real life depends on the presence of the Lord who resides in the temple at mount Zion. But life also is connected with being part of the community that gathers in the temple. For a biblical theology of worship these aspects point out that worship is conditioned by the Lord’s remembering man.
Heinzpeter Hempelmann:
Wie ich als Jünger Jesu die Bibel lese. Transzendentalpragmatische Reflexionen.
What happens when we read the bible? And how should we read it? The author presents 16 insights which result from hermeneutical, epistemological, linguistic-philosophical and biblical-theological considerations. The propositions focus on the unity of the processes of believing, living, and knowing. They dispute customary polar distinctions such as “scientific” vs. “spiritual”, “objective” vs. “affected”, “spiritually influenced” vs. “methodically obtained”, “individually significant” vs. “normative for the church”. The interpretation of Scripture is presented as a complex, multidimensional event. We may endeavor to interpret Scripture appropriately, but the success of this process is not in our hands.
Clemens Hägele:
Freude an der Verkündigung Jesu.
The author observes a neglect of the preaching of Jesus (subjective genitive) in today's evangelical practices of piety. He suspects various, diverse reasons in recent and more ancient history of Protestant theology. The author pleads for a renewed reflective inclusion of the preaching of Jesus in exegetical and ecclesiastical teaching.
Thomas Schlegel:
Freude an der Verkündigung Jesu. Replik auf den gleichlautenden Vortrag von Clemens Hägele.
Thomas Schlegel responds to the contribution of Clemens Hägele. He doubts his observation that Jesus’ teaching is less important for evangelical Christians nowadays. However, the focus on the salvation (Jesus’ work on the cross) has a long tradition within the Lutheran tradition. Joy on Jesus comes from studying, telling and teaching the Gospel. Schlegel worries about todays Pastors. Their workload has increased and quite a few are seriously affected by burn out, as a new research discovered in two Churches of Central Germany. Referring to Karl Barth, joy is by its very nature an interruption and a stand-still of life. Preachers need sabbats to discover the joy on Jesus’ preaching anew.
Annegret Puttkammer:
Die Freude an Jesus als Mitte der Theologischen Existenz.
"Fun" means diversion, but "joy" is much more: confidence, foundation, hope. No wonder that this term plays an essential role in the Gospel of Luke. The article also gives suggestions on how the "joy in Christ" can be lived out in everyday pastoral life.
Heinzpeter Hempelmann:
Fromme Wünsche.
QUELLE
Otto Michel über Chancen und Gefahren der Theologie Rudolf Bultmanns (1952).
EDITORIAL
„Was braucht Kirche jetzt?“
Das ist die Frage, die in diesem Jahr lauter und dringlicher als gewöhnlich gestellt wird, angesichts der aktuellen, sich anscheinend eher steigernden als abzuflachenden Austrittswelle.
„Was braucht Kirche jetzt?“
Das ist seit den Anfängen vor über 50 Jahren die Kernfrage, der sich die theologischen beiträge stellen. Und auch die Antwort ist im Kern dieselbe geblieben: Kirche braucht evangelische Theologie im nichtkonfessionellen Sinne – Theologie, die ganz und gar auf das Evangelium von Jesus Christus bezogen ist! Denn Jesus Christus ist der größte Grund zur Freude! Dazu erforschen Autorinnen und Autoren das Neue wie das Alte Testament. Dazu fragen sie immer wieder neu nach einer Hermeneutik, die den Weg zu ihm bahnt und zu einer Verkündigung, die ihn bei den Menschen ankommen lässt und in seiner Bedeutung groß macht. Dazu fokussieren sie die Menschen der jeweiligen Gegenwart, wie sie ticken und wie sie ansprechbar sind auf das Evangelium. Dazu fragen sie nach Antworten in den jeweils virulenten ethischen Fragen. Dazu überlegen sie, was die jeweils Aktiven in Pfarramt und Lehramt, in Gemeindepädagogik und in Leitungsverantwortung nötig haben, um in allen Anfechtungen gestärkt und selbst in ihrem eigenen geistlichen Wachstum gefördert zu werden. Dazu erforschen sie die Kirchengeschichte auf der Suche nach evangelischen, weil evangeliumshaltigen Impulsen insbesondere aus der Reformationszeit und der Zeit von Pietismus und Erweckung, von Kirchenkampf und Aufbrüchen nach dem Zweiten Weltkrieg. Dazu diskutieren sie Wege im Umgang mit anderen Religionen und Weltanschauungen, wobei eine große Nähe zum Judentum und zum Hebräischen Denken besteht.
„Was braucht Kirche jetzt?“
Diese Frage motivierte letztlich auch das Symposion zum 50. Geburtstag der theologischen beiträge vom 5. bis 7. März 2020 – eine Woche vor dem Lockdown aufgrund der Corona-Pandemie. Obwohl zwei Referenten und einige Angemeldete absagen mussten, konnte das Symposion doch mit 70 Frauen und Männern stattfinden, darunter Theologiestudentinnen und -studenten, Pfarrerinnen und Pfarrer im Dienst und im Ruhestand, Gäste von Hochschulen, Autorinnen und Autoren der Zeitschrift, Vertreter des Verlags sowie Mitglieder des Beirats. Vertreterinnen und Vertreter der PGB-Vorstände im deutschsprachigen Raum repräsentierten den Auftraggeber der Zeitschrift: Den Pfarrerinnen- und Pfarrer-Gebetsbund, vor 50 Jahren: Pfarrer-Gebetsbruderschaft. Der Gesamtvertrauensmann Pfarrer Dr. Johannes Reinmüller und sein Stellvertreter Pfarrer Michael Czylwik gestalteten das Symposion mit, insbesondere den Stabwechsel in der Hauptverantwortung für die Zeitschrift.
Das vorliegende Heft, das umfangreichste in 50 Jahren, bildet einen vielleicht sogar repräsentativen Querschnitt durch die Arbeit dieser Zeitschrift sowie historische Einsichten in ihre Entstehungsgeschichte.
„Was braucht Kirche jetzt?“
Einhellige Antwort der theologischen beiträge in den zurückliegenden Jahrgängen wie in diesem Heft: Erneuerung von Kirche und Theologie erwarten wir von der Begegnung mit Jesus, damit wir neu den Aufruf Luthers hören können: „… und freu dich an Christus!“
Reiner Braun und Martin Reppenhagen, Herausgeber
BIBLISCHE BESINNUNG
Joachim Schauß:
Pfingstgeschichte in Zeiten von Corona.
Predigt über Apostelgeschichte 2,1–21 (231–235)
Aufsätze
Uwe Kai Jacobs:
Mose trägt die Kanzel. (236–246)
In a lot of lutheran churches of the 17th century the pulpit is being hold by a figure: Moses. What is the role of Moses in this context? And does it matter, that Moses also holds the two tables
of the Decalogue in his hands and shows them to the parish? The author argues, that this composition must have had real consequences for living together in the community, especially in the
countries and cities, which followed the Reform. Last but not least the author takes a look upon the importance of the historical Moses-Pulpit for the practice of praying today.
Michael Klein:
Vom Äußeren zum Inneren – Facetten der Spiritualität Gerhard Tersteegens in Wirken und Werken. (247–259)
250 years ago Gerhard Tersteegen, one of the most important protestant song writers and mystics, died. In this article (paper) three less well-known texts illustrate how his theology still
challenges church practice and therefore might encourage a worthwile debate.
Matthias Morgenstern:
Erwägungen zur „Verteidigung“ Gerhard Kittels vom Dezember 1946. (260–271)
Gerhard Kittel’s Defense, composed in prison after WW II, sheds light on the liaison between academic theology and politics in the Third Reich. The apologia of the Tübingen New Testament scholar
documents the tragedy of one of 20th century’s most prominent theologians, who combined “Christian” antisemitism with openly racist theories. After 1945, sparing no effort for his
“rehabilitation”, he tried to make use of his record of having been friendly towards Jewish individuals, especially to Christians of Jewish descent during the Nazi era.
BERICHTE
Gerhard Hennig:
Wie Papier zum guten Wärmeleiter wird. Zu den Briefen Christoph Blumhardts des Jüngeren. (272–274)
Matthias Morgenstern:
Israel als das „dunkle, deprimierende Rätsel“ bei Paul Althaus. Zu einer Studie von Ryan Tafilowski. (275–278)
Stefan S. Jäger:
Gottes Welt- und Heilshandeln. Martin Repps Entwurf
einer Theologie der Religionen. (278–281)
BÜCHER: 282–284
EDITORIAL 1
Kirchengeschichte(n) – ist bzw. sind Schwerpunkt dieses Heftes, auch im Rezensionsteil.
Joachim Schauß macht den Anfang mit dem Anfang der Kirchengeschichte – an Pfingsten und bezieht die Gegenwart in Zeiten von Corona in das pfingstliche Geschehen ein.
Uwe Kai Jacobs stellt Mosekanzeln vor, ein territorialhistorisch verortetes Phänomen mit theologischer Bedeutung und Ausstrahlung.
Michael Klein porträtiert den reformierten Mystiker Gerhard Tersteegen in seiner Kantigkeit, Widerständigkeit – und vertritt trotzdem bzw. gerade deswegen die Meinung, dass heutige kirchliche Praxis sich an ihm zu reiben habe.
Matthias Morgenstern beschäftigt sich mit einem brisanten Thema der Zeitgeschichte: Gerhard Kittel, seine Rolle während der Naziherrschaft und seine Sicht der Dinge nach Kriegsende.
Dieses Heft markiert einen Einschnitt auch in der Geschichte unserer Zeitschrift. Wie bereits erwähnt (Heft 3, S. 134) hat Heinzpeter Hempelmann gleichsam die Kommandobrücke verlassen, bleibt aber an Bord, nicht als Passagier, sondern als Teil des Offizierscorps. Er hat den Kurs dieses Schiffs in den vergangenen dreiundzwanzig Jahren maßgeblich bestimmt und mit dafür gesorgt, dass es immer wieder zu neuen Ufern aufgebrochen und stets mit Tiefgang unterwegs ist, ohne Stürme zu umschiffen, wenn es nicht anders ging. Vor allem lag ihm an der ständigen Rückfrage nach dem Auftrag des Schiffseigners. Wir wünschen Heinzpeter Hempelmann und vor allem uns und unserer Leserschaft, dass er es sich nun nicht in der Messe gemütlich macht, sondern immer wieder an Deck aktiv ist und Flagge zeigt. Das hat er uns allen ja in seinem Abschiedswort zugesichert. An dieser Stelle möchte ich betonen: Auch auf der Brücke ist sein Rat weiterhin stets willkommen.
Mich hat die Zusammenarbeit mit ihm seit den Anfängen unserer Freundschaft regelmäßig beglückt und bereichert, dafür bin ich ebenso dankbar wie für die gemeinsamen Jahre seit 2016 auf der Brücke, in der wir mit dem Offizierscorps zusammen neue Reiserouten abgesteckt haben.
Auf der Brücke heiße ich nun als Kollegen Dekan Martin Reppenhagen herzlich willkommen! Die gemeinsame Zeit des Übergangs habe ich bereits als sehr angenehm erlebt und freue mich auf das, was kommt.
Kurz: Herzlichen Dank an Heinzpeter Hempelmann! Herzliches Willkommen auf der Brücke an Martin Reppenhagen! Und eine gute gemeinsame Weiterreise allen, die mit uns unterwegs sind!
Ihr Reiner Braun, Herausgeber
EDITORIAL 2
Nachdem sich Heinzpeter Hempelmann in der letzten Ausgabe der Theologischen Beiträge verabschiedet hat, will ich mich Ihnen nun als weiteren Herausgeber neben Reiner Braun vorstellen. Bereits seit Anfang des Jahres war ich in die verschiedenen Prozesse und Entscheidungen einbezogen, sodass die Übergabe nun leichter und gut vorbereitet vollzogen werden konnte.
Als Leser begleiten mich die Theologischen Beiträge seit meinem Studienbeginn 1985 in Wuppertal. 1997 erschien mein erster Artikel, dem weitere folgten. 2013 wurde ich in den Kreis der Mitherausgeber aufgenommen.
In Karlsruhe 1964 geboren und dort aufgewachsen studierte ich evangelische Theologie in Wuppertal, Tübingen, Pune/Indien und Heidelberg. Das Vikariat erfolgte in der Evangelischen Landeskirche in Baden. 1994/95 war ich für zwei Semester Gastdozent an der Theologischen Hochschule der Evangelischen Allianz in Indien Union Biblical Seminary in Pune, dem ich auch weiterhin lehrend verbunden bin. Zwischen 1996 und 2004 folgten Gemeinde- und Bezirksjugendpfarramt. 2004 ging es für zehn Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter und dann als stellvertretender Direktor ans Institut zur Erforschung von Evangelisation und Gemeindeentwicklung der Universität Greifswald, wo ich in der wissenschaftlichen Tagungsarbeit, den internationalen Kontakten, der Fortbildung von Pfarrerinnen und Pfarrern sowie lehrend tätig war. 2010 konnte ich meine Dissertation „Auf dem Weg zu einer missionalen Kirche: Die Diskussion um eine ‚missional church‘ in den USA.“ erfolgreich abschließen. Als Arbeits- und Forschungsschwerpunkte können genannt werden: Missionstheologie, missionale bzw. missionarische Kirche, Evangelisation und Gemeindeentwicklung. 2014 wurde ich zum Dekan des Kirchenbezirks Karlsruhe-Land gewählt. Ich bin verheiratet und habe drei erwachsene Kinder.
Gern erinnere ich mich, wie Rudolf Bohren auf der Festveranstaltung zum 50-jährigen Bestehen der Kirchlichen Hochschule Wuppertal Kirche und Theologie mit einem tanzenden Paar verglichen hat. Diesem „tanzenden Paar“ weiß ich mich verpflichtet. Ob als Student, Gemeindepfarrer oder wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut zur Erforschung von Evangelisation und Gemeindeentwicklung habe ich die wichtige Verknüpfung von akademischem Anspruch und kirchlicher Praxis in den Aufsätzen der Theologischen Beiträge sehr geschätzt.
Dass ich nun selbst gemeinsam mit Reiner Braun die Theologischen Beiträge herausgeben darf, empfinde ich als ein besonderes Geschenk und noch mehr als eine wichtige Herausforderung und Aufgabe. Dankbar bin ich, dass dies mit einem Beirat geschehen darf, in dem akademische und kirchliche Kompetenzen zusammenkommen, die gut und gerne in die Arbeit für die Theologischen Beiträge einfließen.
Auf der Schwelle zwischen Universität und Kirche bleibt den Theologischen Beiträgen zu wünschen, dass sie weiterhin beide Seiten zusammenhalten, indem wissenschaftlich anspruchsvoll, geistlich profiliert und praxisrelevant gearbeitet und veröffentlicht wird.
Ihr Martin Reppenhagen, Herausgeber
BIBLISCHE BESINNUNG
Thomas Pola:
Erkenntnis "von unten".
Predigt über Prov 1,1-7 (135-139)
AD PERSONAM
Clemens Hägele:
„Bei Riesner in Dortmund“. (140–142)
Reiner Braun/Heinzpeter Hempelmann:
Wissen, wer Jesus ist. Zum 100. Geburtstag von Otto Rodenberg. (143–156)
Aufsätze
Detlef Häußer:
Jesusüberlieferung im 2. Korintherbrief. (157–168)
The Second Epistle to the Corinthians plays no significant role in the controversial discussions about the transmission of Jesus tradition in (the letters of) Paul. But traces of Jesus tradition can also be found in this letter. They originate from different contexts like the Sermon on the Mount, the commissioning of the apostles and the passion narrative. Paul applies them to various topics (ethics, spirituality), proving that Jesus tradition is a formative factor in the theology of the apostle.
Hanna Stettler:
„Mehr als Elia“. Zum religionsgeschichtlichen Hintergrund der Wunder Jesu. (169–185)
In recent research a distinction has been made between the healing miracles of Jesus and his so-called nature miracles. Whereas the former are considered as possible (be it as real miracles or as psycho-somatic phenomena), the latter are said to be post-Easter enhancements of normal events in the life of Jesus, such as eating or going in a boat together. R. Zimmermann has argued that this distinction is untenable on literary grounds: Both kinds of stories are presented as factual stories, claiming to report real events in the life of Jesus. The present paper argues that that distinction is also untenable because both kinds of stories share the same conceptual background. They all present Jesus as the one who performed miracles like the miracles of Moses and Elijah/Elisha, but at the same time superseded them. As the Son of God he brought about the kingdom of God in his healing miracles and restored the rule of God over his creation through his nature miracles.
Peter C. Hägele:
Sind Wunder aus naturwissenschaftlicher Sicht denkbar? (186–199)
Can scientists believe in miracles? There are indeed scientific explanations for some miracles. Such considerations may be satisfying at first but leave many questions open.
It is more fruitful to look at the changes from classical to modern science. New methodological insights into the nature of laws, chance and also boundary conditions reveal that there are no scientific arguments against miracles. It no longer makes sense to speak of miracles breaking the laws of nature. God can use laws as well as chance to act in our world and surprise us with miracles. This preliminary study clears the way in order to discuss the occurrence of miracles and their meaning.
Heinzpeter Hempelmann:
Wunder als Zeichen. Acht Thesen aus wissenschaftstheoretischer Perspektive. (200–216)
This article looks at “miracles” as an exemplary interface between science and theology. Fundamental questions from science and scientific theory are tied together in the reflection of the miracle topic: Are miracles a breach of the laws of nature? How do we think about reality, as a closed or as an open system? How do we deal with phenomena that do not fit our experience and theories? How do scientists deal with the question of God? Are they aware of the limits of knowledge that modern science has set itself?
Klaus Haacker:
Paulus als Anstands-Apostel (1Kor 11,2–16). (217–220)
Paul argues for the use of a hairnet, but he misses the appropriate term in V.10 due to a translation error from the Hebrew language.
Berichte
Hanna Stettler:
Ertrag eines ganzen Forscherlebens: Rainer Riesner über den Messias Jesus. (221–224)
Friedmann Eißler:
Jesusglaube in frühislamischen Schriften. Lehren der Bergpredigt für den Dialog aus islamischer Sicht. (225–226)
Bücher (227–228)
EDITORIAL
Dieses Heft hat zwei Schwerpunkte, die sich nicht trennen lassen. Sämtliche Beiträge sind Rainer Riesner gewidmet. Wir gratulieren ihm auf diese Weise ganz herzlich zu seinem 70. Geburtstag am 2. Juni 2020! Wir bedanken uns mit diesem Heft für seine inzwischen viereinhalb Jahrzehnte währende und – wie schon das Register der ThBeitr zeigt – substantielle Mitarbeit an dieser Zeitschrift, die er durch seine vor allem historischen Artikel zum Neuen Testament ganz wesentlich mitgeprägt hat (ein erster kleinerer Aufsatz zum Thema Geschichtsschreibung aus dem Jahr 1975 lässt bereits ein Lebensthema anklingen). Freunde, Schüler und Weggefährten nehmen Anliegen und Themen Riesners auf.
Der inhaltliche Schwerpunkt des Heftes liegt auf der Wunderfrage, die ein zentrales Thema Riesners darstellt: „Ohne die Wunder ist Jesus nicht der Christus“, so beendet der Jubilar in seinem 2019 erschienen opus magnum „Messias Jesus. Seine Geschichte, seine Botschaft und seine Überlieferung“ den Exkurs zur Wunderfrage. Hanna Stettler stellt die Ergebnisse des Bandes im Detail vor, mit dem Riesner an seine in mehreren Auflagen erschienene Dissertation „Jesus als Lehrer“ (1980, 3. Aufl. 1988!) anknüpft und seine über Jahrzehnte fortgesetzten Studien bündelt. So hilfreich die Lektüre des Buchberichts ist, so sehr reizt er zum Selberlesen. Stettler, dankbare Schülerin und Tübinger Kollegin Rainer Riesners, nimmt mit ihrem Aufsatz zum religionsgeschichtlichen Hintergrund der Wunder Jesu noch einen weiteren Schwerpunkt der Debatte in den Blick. Sie macht plausibel, dass sich gerade die Wunderberichte der Synoptiker ganz anders theologisch und historisch erschließen, wenn man sie vor einem alttestamentlichen Hintergrund versteht.
Peter Hägele – Physiker und Dialogpartner im Gespräch Theologie und Naturwissenschaft – fragt, ob Wunder aus naturwissenschaftlicher Sicht denkbar sind, und zeigt den Wandel im naturwissenschaftlichen Denken auf. Von der klassischen zur modernen Physik hat sich das Denken über Kausalität fundamental geändert. Ein grundsätzlicher Einspruch von naturwissenschaftlicher Seite ist nicht mehr gegeben.
Den Ball hat Heinzpeter Hempelmann gerne aufgenommen und zeigt, wie sich aus wissenschaftstheoretischer Perspektive im Wunderbegriff die Frage nach Möglichkeiten und Grenzen wissenschaftlicher Erkenntnis und nach dem Verhältnis von Wissenschaft und Gottesfrage bündeln.
Von prägender Bedeutung für den Weg von Riesner ist die theologische Arbeit im PGB gewesen. Diese wurde ab den 1960er Jahren wiederum ganz wesentlich durch Otto Rodenberg geprägt. Der erste Schriftleiter dieser Zeitschrift wäre im August 100 Jahre alt geworden. Reiner Braun und Heinzpeter Hempelmann stellen aus diesem Anlass Vita, Werk und Wirkung dieser in ihrer Bedeutung oft nicht ausreichend gewürdigten Persönlichkeit vor. Sie zitieren dabei auch Aussagen Rainer Riesners, der nun selber zu einer Persönlichkeit kirchlicher Zeitgeschichte geworden ist.
Den Menschen Rainer Riesner bringt der Aufsatz seines Schülers und Freundes Clemens Hägele zu Gesicht. Thomas Pola ehrt den Freund und langjährigen Dortmunder Kollegen mit einer Reflexion über hebräisch-biblisches Denken und wie man von ihm profitieren, ja von ihm lernen kann. In anschaulicher Weise zeigt Pola, dass für das AT und NT Glaube und Vernunft keine Gegensätze sind und wie alttestamentliche Weisheit Weltwissen zu integrieren vermag.
Zwei weitere Kollegen und Freunde des Jubilars nehmen je auf ihre Weise Spezifika der Arbeit von Riesner auf.
Klaus Haacker zeigt, wie sorgfältige exegetische Arbeit helfen kann, theologische Fragen zu beantworten, die bis heute beschäftigen. Er bietet einen Vorschlag für ein plausibles Verständnis für „die Macht auf dem Haupt“ nach 1. Korinther 10.
Detlef Häußer fragt, inwiefern sich bei Paulus, speziell im 2. Korintherbrief Spuren von Jesus-Traditionen finden lassen.
Schließlich wirft Friedmann Eißler, ebenfalls Beiratsmitglied dieser Zeitschrift, einen interessanten Blick über den Tellerrand, wenn er die Frage diskutiert: „Glauben Muslime an Jesus?“
Wir hoffen, dies ist ein Geburtstagsgeschenk, von dem alle unsere Leserinnen und Leser sehr profitieren werden!
Reiner Braun und Heinzpeter Hempelmann
Und nun noch ein persönliches Wort. Seit 1983 habe ich bei den ThBeitr in verschiedenen Funktionen mitgearbeitet: als Redakteur, dann als Schriftleiter, als Mitherausgeber im Beirat und seit 1997 als verantwortlicher Herausgeber. Letztes Jahr bin ich 65 Jahre alt geworden. Nach einer Zeit des Übergangs, in der ich die Zeitschrift zusammen mit Reiner Braun und meinem Nachfolger Martin Reppenhagen herausgegeben habe, endet mit diesem Heft meine presserechtliche Verantwortung. Ich gehe den ThBeitr aber – wie es so schön heißt – nicht verloren. Auch in der nachberuflichen Lebensphase will ich mich – nun in der Funktion als Beirat und natürlich als Autor – einbringen. Was mir für diese Zeitschrift wichtig geworden ist, dokumentiert sich exemplarisch auch in diesem Heft:
uder Ausgangspunkt bei der Kondeszendenz des dreieinigen Gottes, konkret bei dem, der von sich sagt: „Wer mich sieht, hat den Vater gesehen“ (Joh 12,45; 14,9);
• das Lernen von der hebräisch-biblischen Sprachgestalt, wie sie unter der Offenbarung des lebendigen Gottes Gestalt gewonnen hat;
uder Wirklichkeitsbezug und d. h. ein überprüfbarer Gehalt theologischer Aussagen, der ihnen Relevanz verleiht, vorzugsweise festzumachen an der historischen Wahrheitsfrage;
uein interdisziplinärer Blick, der einerseits theologische Verengungen aufbricht, andererseits Theologie für andere Disziplinen fruchtbar werden lässt;
ueine zum Gespräch fähige und bereite Theologie, die die kritische Rückfrage durch andere nicht scheut, aber ihr unverwechselbares eigenes Wort zu sagen hat;
ueine Theologie, die Theorie für die Praxis ist, weil sie sich ihre Fragen und Probleme, Herausforderungen aus der Praxis, aus dem Leben geben lässt;
• eine Theologie also, die kirchliche Zwecke nicht verachtet und für die geistliches Leben der notwendige Wurzelboden ist; die sich einer Reduktion von Theologien als subjektiven Vorstellungszusammenhängen verweigert und die sich nicht durch subjektphilosophische Vorgaben in ihrem Aussagewillen beschneiden lässt;
ueine theologische Arbeit also, der die verschiedenen Dimensionen von Gotteserkenntnis im Sinne des hebräischen jd` zusammenfallen: die kognitive und die kontaktive, die konstative und die konstitutive: in der Begegnung mit dem Gott, den wir erkennen können, der sich uns aber nur im Gegenüber erschließt; dessen Spuren wir in Natur und Geschichte erkennen können, weil wir zuvor von ihm selbst erkannt worden sind (Gal 4,9).
Heinzpeter Hempelmann
BIBLISCHE BESINNUNG
Reiner Braun: Wer bin ich? Mann oder Frau oder was? Predigt zu 1. Mose 1,27 – Matthäus 22,28–30 – Galater 3,27f – Psalm 139.
AUFSÄTZE
Heinzpeter Hempelmann: Gender-Mainstreaming und Kirche. Eine kritische Sichtung in konstruktiver Absicht.
The author deals with the question what the gender mainstreaming concept (= GM), which is becoming more and more dominant in society and politics, means for the church and for congregations. The starting point of the essay is not a definition of GM, an attempt which always remains unsatisfactory. The author rather focuses on GM's matters of interest. He does not offer a critique from an external point of view but concentrates on GM's concerns and takes them as criteria by which its performance needs to be evaluated. The topics discussed include anthropological, scientific, linguistic-philosophical and ideology-critical points of view. The aim of the essay is not a generalized destructive criticism, but a constructive assessment which asks: What can the church learn from GM? And how, on the other hand, could GM benefit from theological criticism and church practice?
Thomas Pola : Am Anfang: Das Ziel! Zum Hauptstrom der Gender-Theorie im Lichte von Gen 1,27.28a (P).
Gen 1:27b (“male and female created he them”) sheds light on the mainline of the Gender ideology as represented by Judith Butler. As the Priestly creation account reflects instances of the eschatological prophecy in the OT which became fundamental beliefs in the Early Judaism and in the New Testament (Marc 12:18–27) the intention of P is more eschatological than protological. Although the angels seem to be divided in sexes (according to ShirR Cant 2:7) there is no death and no multiplying among them (PesR 43 [179b]; BerR 8 and 14). The divine commandment to be fruitful and to multiply (Gen 1:28a) was fulfilled by the emergence of the benê Yisrāʾel in Ex 1:7 (P). Consequently Gen 1:27b aims at the eschatological New Man who is associated in consequence of the Priestly atonement theology (Ex 28:45–46; cf. Ez 37). Those concerned with Gender problems in the present time are invited to identify themselves with the eschatological expectations of P and the New Testament.
Beate Schütz: „Aufstiegslieder“. Eine traumatologische Lesung der Wallfahrtspsalmen.
In recent years the subject of trauma, its effects and ways of coping has found its way into theological studies as a new hermeneutical key to notoriously “difficult” passages. This has also led to the discovery of a variety of biblical texts as resources for dealing with the consequences of traumatic experiences. Using insights from trauma therapy the author reads the small group of Psalms 120–134, the so-called Psalms of Ascent, as a way of escape, healing and new orientation after a profound experience of near-death. After presenting several striking resonances between the psalms and different aspects of traumatology, she offers some proposals as to how the church might become a healing environment for survivors.
DOKUMENTATION
Christian Möller: Das Hohelied des Trostes. Predigt zum 100. Geburtstag von Rudolf Bohren über 2. Korinther 1, 3f.
BÜCHER
EDITORIAL
Ein Heft zur Gender-Frage! Sars-Cov2 relativiert manches. Vieles tritt vorübergehend zurück in seiner Bedeutung. Die Frage, wer der Mensch ist und eben auch wie wir unsere Geschlechtlichkeit verstehen, bleibt fundamental. Theologische Arbeit geht darum auch in den ThBeitr weiter.
Gender-Mainstreaming (=GM) ist – nach „Homosexualität“ – das neue Feld der Auseinandersetzung. Es geht um das leitende Menschenbild in Gesellschaften, die sich als liberal und in der Tradition der Aufklärung verstehen. In der Debatte um Homosexualität ging es zunächst um den Kampf gegen Diskriminierung, um die Gleichwertigkeit eines zweiten, homosexuellen neben dem heterosexuellen Geschlecht. GM verschärft diese Diskussion. Es fragt viel grundsätzlicher: (1) Gibt es neben Homo- und Heterosexualität nicht noch viele weitere Geschlechter, die auch nach Anerkennung verlangen (vgl. das eingebürgerte Kürzel LGBTQ)? (2) Muß nicht der ganze Geschlechter-Essentialismus dekonstruiert, ja destruiert werden? Gender-Forschung versucht zu zeigen, dass Geschlechter ganz und gar als erlernte Rollen zu begreifen sind.
GM-Positionen haben bereits in die Bildungspolitik bis hin zu europäischer Gesetzgebung Eingang gefunden. Auch diese aus dem postmateriellen Milieu stammende sozialemanzipative Bewegung speist sich aus der Erfahrung langer, bitterer und teilweise gewaltsamer Unterdrückung der Betroffenen. Und auch wenn sich radikale Gender-Positionen auf einen postmodernen Individualismus und Konstruktivismus zurückfahren lassen, kann die Auseinandersetzung mit GM dabei nicht stehen bleiben. Eine biblisch-theologisch orientierte Anthropologie wird den Wunsch, endlich wahrgenommen zu werden, nicht übergehen können. Auch wenn die Zahlen etwa der Inter- und Transsexuellen relativ klein sind, sind sie absolut gesehen doch beachtlich.
Haben wir nur die Wahl zwischen der Position einer Polarität der Geschlechter, die alles, was nicht „Mann“ oder „Frau“ ist, ausschließt, und einer uferlosen Pluralität der Geschlechter, die nicht nur am biblischen Zeugnis vom Menschen als Mann und Frau vorbeigeht, sondern auch an grundlegenden Befunden von Biologie, Psychologie, Neurologie und Kulturanthropologie?
In seiner Predigt „Wer bin ich? Mann oder Frau oder was?“ entfaltet Reiner Braun behutsam, praxisbezogen und konkret seelsorgerliche Hilfen. – Heinzpeter Hempelmann unterzieht Theorieelemente von GM einer kritischen Prüfung in konstruktiver Absicht. Überzeugungen und Anliegen von GM werden nicht nur kritisch analysiert. Sie werden auch daraufhin befragt, was Kirche von GM lernen und wo umgekehrt diese Bewegung von Kirche profitieren kann. – Thomas Pola liefert ein Kapitel biblischer Anthropologie der Geschlechter. Er fragt, wie Gen 1,27f im Licht der Aufhebung der Geschlechtlichkeit im Eschaton (vgl. Mk 12,18ff; Gal 3,27ff) eschatologisch zu verstehen ist.
Beate Schütz liest die Aufstiegspsalmen als Weg aus der Tiefe des Traumas zurück ins Leben und gibt der AT-Exegese aber auch der praktischen Theologie interessante interdisziplinäre Impulse. Wie biblische Texte sich helfend und heilend auswirken können, angesichts von Sars-Cov2, entfaltet auch die Predigt von Christian Möller.
Bleiben Sie behütet und seien Sie getröstet, wünschen Ihnen die Herausgeber
Heinzpeter Hempelmann und Reiner Braun
Die Dokumentation der Beiträge zum Symposion ist im Lauf des aktuellen Jahrgangs geplant.
Biblische Besinnung
Michael Herbst: Jakobus und Paulus – werden die noch Freunde? Predigt zu Jakobus 2,14–26
Aufsätze
Ralf-Thomas Klein Analytische Theologie – Irrweg oder Fortschritt?
Analytic theology is the attempt to discuss matters of systematic theology with the means of analytic philosophy. In recent years this movement gained prominence in the anglo-saxon world but it is also growing in German speaking countries. The strength of this theological approach lies in its focus on the precise use of language and its transparent use of premises. This encourages rational discourse and new insights into the field. Critics of analytic theology say that it practices neo-scholastic quibbling or, even worse, idolatry. This article intends to show that these allegations are of no avail. However, the warning that philosophy must not overtake theology is to be taken seriously, though it referes to the misuse of philosophy and not its proper use. Hence, I welcome the development of analytic theology and plead for its careful use within the realm of theology.
Daniel Zimmermann Entschieden in Gott. Die Lehre vom unfreien Willen als Implikat der evangelischen sola gratia-Lehre.
The shibboleth of Lutheran theology is the doctrine of unfree will: within it culminate hamartiology and soteriology. To put it briefly, the servum arbitrium is the anthropological correlate to the Reformation sola gratia. The thirteen theses presented here aim to substantiate this central doctrine in a concentrated and comprehensible manner
Klaus Haacker War das Grab Jesu wirklich leer?
The article questions the claim of some scholars that the body of Jesus was not buried in a grave which the disciples of Jesus knew and could inspect. Instead they argue that Jesus was buried by his enemies in a grave of “shame”. On the other hand it underlines – contrary to a popular term – that the tomb was not “empty” and points out that according to John 20:6-8 the graveclothes of Jesus where found in a condition which excluded the idea that the body of Jesus had been removed by human hands.
Quelle
Karl Heim Wer kann Pfarrer werden? Eine Provokation.
Bücher
EDITORIAL
In diesem Heft erwarten Sie klassische und zentrale Fragen der Theologie in aktueller Zuspitzung.
Die Predigt stellt sich der alten, aber unverändert aktuellen Streitfrage: Glaube oder Werke; Glaube ohne Werke oder Glaube unbedingt mit Werken; biblisch-theologisch oft verhandelt als „Paulus oder Jakobus“? Wie Michael Herbst im philippinischen Anschluss an Melanchthon votiert und welche Lösung er anbietet – lesen Sie selbst!
Der kleine, aber feine Aufsatz über „analytische Theologie“ von Thomas Klein führt zunächst in eine philosophische Richtung ein, die im angelsächsischen Raum zum Mainstream gehört und dominant geworden ist, von der deutschen Theologie allerdings – zu ihrem Schaden – bisher kaum registriert wurde. Der Beitrag zeigt exemplarisch, wie sich Theologie durch Philosophie fruchtbar herausfordern lassen, ja von ihr lernen kann und wo sie sich zu Einspruch und Widerspruch herausgefordert sehen muss, nämlich da, wo Menschen in der Gefahr stehen, sich und ihre Gedankenkonstrukte zu verabsolutieren und damit die Hörfähigkeit – auch gegenüber Gott einzubüßen.
Auch der dritte Beitrag nimmt ein klassisches Thema auf: Daniel Zimmermann kehrt in kritischem Gegenüber zu üblich gewordenen neuprotestantischen Selbstbespiegelungsund Vergewisserungstheorien das Gefälle von Gottes Reden und menschlichem Hören vom Kopf auf die Füße. Er rekonstruiert dazu die zentralen Topoi der Auseinandersetzung zwischen dem humanistischen Ansatz des Erasmus und der Lehre vom geknechteten Willen bei Martin Luther. Dabei versucht er eine interessante Rekonstruktion der Korrespondenz von anthropologischer Dimension (unfreier Wille) und theologischer Dimension (sola gratia). Wer Gott ist und was wir sind, schließlich wie diese Welt beschaffen ist, das erfahren wir nach diesem alten, aber nicht veralteten Zugang nicht, wenn wir uns selbst erkennen, sondern darauf sehen, wie sich Gott in dem gekreuzigten Christus offenbart hat.
Klaus Haacker widmet sich in seinem Aufsatz einer Frage, die so alt ist wie das Christentum selbst, ja ohne die es christlichen Glauben gar nicht gäbe: War das Grab Jesu wirklich leer? Er setzt sich mit neueren Hypothesen auseinander und plausibilisiert die historische Zuverlässigkeit der Nachricht vom leeren Grab, die den Glauben nicht beweist, ohne die er aber auch nicht denkbar ist – aller den Glauben zur Religion spiritualisierenden Kerygmatisierung zum Trotz.
Auch die Frage, wer sich für ein kirchliches Amt eignet, geht bis ins Neue Testament zurück. Die Antwort, die Karl Heim vor rund 90 Jahren formuliert hat, lohnt heute noch die Lektüre, gerade weil sie provoziert – keineswegs nur Pfarrer, Pfarrerinnen und alle, die sich auf dieses Amt vorbereiten.
Acht Rezensionen – zur Generation Lobpreis, zu Luthers Aktualität, zur Kirchensoziologie, zu Theologie und Exegese des Alten Testaments, zum Hebräerbrief und zur Neuauflage des ELThG – runden das Heft ab und laden selbst unsere eiligen Leser zum Blättern und Verweilen ein.
Heinzpeter Hempelmann und Reiner Braun
Schwerpunktthema
„Juden – Christen – Judenchristen“
Biblische Besinnung
Reiner Braun: Gott ist Jude geworden. Predigt am Israel-Sonntag zu Lk 2,1-21
Aufsätze
Klaus Haacker: Sind die Passionsberichte der Evangelien antijüdisch tendenziös?
The passion narratives of the gospels have been widely abused as a justification of hatred and violence against Jews and Judaism. As a noble (!) reaction scholars have tried to exonerate the (few!) Jewish enemies of Jesus by the assumption that the authors of the gospels tried to exonerate Pilate. But why should they? The present article is a proposal to understand the passion narratives in the light of texts about the responsibility for the suffering of Jesus outside the gospels. Its result is that as a rule accusations are uttered in direct reproach of people who had been actively involved – as a call for repentance. Narrative statements in other and later situations are the farer away the more lenient, except in 1Thess 2,15 − for unique reasons. Thus, the passion narratives turn out to be addressed to a Jewish public in the early years of the Jesus movement in the Jewish homeland. They are a heritage to be used with caution by later gentile Christians.
Rainer Riesner: Judenchristen in Jerusalem – noch bis zum 4. Jahrhundert
In the context of the Jewish-Roman war (66–70 AD) there occurred a split within Palestinian Jewish Christianity. The „Nazarenes“ continued the genuine tradition of the early Jerusalem church, which was run by relatives of Jesus until the second century AD. Because the „Nazarenes“ were christologically orthodox, they could be absorbed into the Byzantine church in the 4th/5th century, to which they imparted important liturgical and exegetical traditions. The christologically heretical „Ebionites“ lived in the border area of Syria with Arabia, some until the 12th century. According to some researchers, they influenced Mohammed and early Islam.
Wolfgang E. Heinrichs: Der Protestantismus im Deutschen Kaiserreich vor der „Judenfrage“
The Protestant view of Judaism and the Jewish people is ambivalent. This is an expression of a dichotomy related to modernity as such. Protestantism can draw the image of "the Jew" both as a grimace and as a noble face, seeing "the Jew" as both a destroyer and a saviour of mankind. Although there are Protestant positions that more strongly emphasize the negative image of the Jewish people, particularly in times of crisis, attitudes which exclusively express an anti-Jewish perspective are rare. These attitudes are only found in the racial anti-Semitism of German Christianity. However, three fateful developments in the time of the German Empire remain influential in shaping the Protestant image of the Jewish people even today: Jewishness was increasingly defined racially, replacing the religious definition even in the ecclesiastical sphere; the fixation on the Jewish people as an independent nation, whereby nation is understood as a blood-based, racially founded unity; and finally – following from this: the axiom that Judaism and Germanism are two different, largely incompatible elements.
Ulrich Laepple: Judenchristen, Messianische Juden und die EKD im christlich-jüdischen Gespräch von 1945 bis heute. Ein Überblick.
This article is about the reaction of the German Church (EKD) to the horrible experiences of the holocaust and her own silence. It has been a relatively long process to achieve a deep enough renewal of the Christian-Jewish relation after 1945. The focus of the article, however, lies in the role of Jewish Christians ( Jewish believers in Jesus as the Messiah) and how they themselves have contributed to this renewing process. The Jewish Christians of today are called "Messianic Jews" and are a worldwide movement. The author shows how the official church in Germany is dealing with them today and discusses her critical attitude towards them. The author, however, makes the plea to engage in a fruitful encounter that could bring a change to both sides.
Hanna Rucks: Die messianisch-jüdische Bewegung
This article deals with men and women of Jewish descent who believe in Jesus as their Messiah and establish their own congregations in order to keep their Jewish identity while expressing their faith in Jesus. Since the 19th century “Hebrew Christians” – as they were called then – started to form their own groups and alliances. The Hebrew Christian movement suffered a setback during the years of the Holocaust and experienced a change in the aftermath of the Six-day-war, primarily in America and in Israel. Among “Hebrew Christians” the maintaining of their Jewish identity became more important, so that they started to form their own congregations and identified no longer as “Hebrew Christians” but as “Messianic Jews”. After the Perestroika a great number of Russian-speaking Jews joined the movement and established new congregations. The article also describes different forms of beliefs in the Messiah within the movement as well as different convictions and attitudes to the subject of “keeping the commandments”.
Richard Harvey: Das Verhältnis zwischen messianischen Juden und der protestantischen Kirche im Vereinigten Königreich. Ein Kurzbericht.
There have been Jewish disciples of Jesus in the UK since the Norman Conquest. The Domus Conversorum offered protection to Jewish converts to Christianity but no opportunity to continue to live as Jews. The Benei Abraham (1813) and the Hebrew Christian Alliance of Great Britain (1866) prepared the way for the contemporary movement known as Messianic Judaism. There are approximately 20 Messianic fellowships and congregations in the UK and an estimated 8,000 self-identifying Jewish disciples of Jesus in mainstream Protestant and Catholic Churches, including some distinguished church leaders. Anglican and Non-Conformist Churches have met with and consulted Messianic Jews on a number of initiatives and reports. Contemporary issues of Holocaust Remembrance, combatting rising Antisemitism, and the setting of Jewish-Christian relations in a new post-supersessionist framework are increasingly calling on Messianic Jews to participate at local, national and theological level in the ongoing development of relationships between the Church and the Jewish people.
Dokumentation
Helgo Lindner: Christliche Selbstbesinnung im Angesicht Israels.
Annegret Puttkammer: Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, Predigtvorschlag
Bücher
EDITORIAL
Als wir vor gut einem Jahr überlegt haben, ob und wie wir ein Doppelheft zum Thema „Juden-Christen-Judenchristen“ konzipieren, konnten wir noch nicht absehen, welch traurige und erschreckende Aktualität dieses Thema in diesem Herbst haben würde. Die gesammelten Beiträge, die hier als letztes Heft dieses 50. Jahrgangs mit Buchumfang vor Ihnen liegen, haben nahezu alle Antisemitismus als ausdrücklichen oder impliziten Schwerpunkt.
Rainer Riesner begibt sich in seinem Aufsatz Judenchristen in Jerusalem – noch bis zum 4. Jahrhundert auf Spurensuche und plausibilisiert, dass mit Judenchristen in Jerusalem mindestens bis zum Bar-Kochba-Aufstand zu rechnen ist, außerhalb Jerusalems mit der Existenz judenchristlicher Gruppen bis ins 5./6. Jahrhundert. Schon hier stellt sich die Frage, ob es für jesusgläubige Juden eine Alternative zur Assimilation an die heidenchristliche Kirche gab. Riesner macht deutlich, dass messianische Juden und Judenchristen nicht erst ein modernes, womöglich evangelikales und vernachlässigenswertes Phänomen sind.
Es gibt historische Identitäten, an die messianische Juden mindestens anknüpfen können und die Heidenchristen sensibilisieren können für ihren gegenwärtigen Umgang mit diesen Glaubensgeschwistern, die so schwer einzuordnen sind und die auch eine sich aufgeschlossen gebende EKD wohl am liebsten übergehen möchte:
Ulrich Laepple informiert über Judenchristen, Messianische Juden und die EKD im christlich-jüdischen Gespräch von 1945 bis heute. Er stellt den mühsamen Prozess dar, in dessen Verlauf die Evangelischen Kirchen in Deutschland nach der Katastrophe des Holocaust und anhaltender Sprachlosigkeit ein neues Verhältnis zu Israel und Judentum zu finden suchten. Der besondere Fokus liegt dabei aber auch in diesem Aufsatz auf der durch Distanzierung und Zurückhaltung gekennzeichneten Haltung gegenüber den Juden, die sich als messianisch und jesusgläubig bekennen. Laepple fordert zu einer Revision der weithin zu findenden offiziellen Linie der EKD auf.
Hanna Rucks, promoviert mit einer Arbeit über Messianische Juden, setzt breiter an und gibt in ihrem Artikel einen Überblick über die messianisch-jüdische Bewegung. Sie klärt die verschiedenen Begrifflichkeiten, die die wechselhafte Geschichte von Judenchristen, hebräischen Christen, messianischen Juden etc. spiegeln und ihre Versuche sichtbar werden lassen, eine eigene Identität neben heidenchristlicher Kirche und Judentum auszubilden.
Wolfgang Heinrichs verschafft einen Überblick über den Protestantismus im Deutschen Kaiserreich. Er will einerseits die „polymorphe Struktur deutscher Judenbilder“ differenziert darstellen und so einen Beitrag zur Antisemitismus-Forschung leisten, andererseits den Sachverhalt darstellen, dass Antisemitismus nicht allein ein „Phänomen ist, das sich bei einer verführten Minderheit nachweisen ließe“.
Historisch setzt auch Richard Harvey an, der sich als messianischen, an Jesus gläubigen Juden versteht und als einer der besten Kenner der Theologie und Strömungen messianischer Juden gilt. Es gelingt Harvey in seinem Aufsatz die Geschichte und die Existenz, die Vielfalt und die Wirkung messianischer Juden in Großbritannien exemplarisch sichtbar zu machen. Wir danken an dieser Stelle dem Tübinger Judaisten Matthias Morgenstern für seine Übersetzung des Textes!
Antisemitismus ist auch der Ausgangspunkt für die historischen Argumentationen, die Klaus Haacker in seinem Aufsatz unter der Leitfrage vorlegt: Sind die Passionsberichte der Evangelien antijüdisch tendenziös? Ausgangspunkt ist die Wirkungsgeschichte neutestamentlicher Schriften. Die Passionsgeschichten haben einem in der Antike schon vorgegebenen Antisemitismus Vorschub gegeben. Zu ihrer schrecklichen Wirkung gehören auch Pogrome gegen Juden und staatliche Verfolgung. Haacker widerlegt durch eine minutiöse Sichtung der einschlägigen Belege den als honorig anzuerkennenden historisch-kritischen Versuch, die Texte von ihrem antijüdischen Potential zu entlasten, indem man ihnen die Absicht unterstellt, Pontius Pilatus von der Schuld am Tod Jesu befreien zu wollen: Worin sollte der Sinn einer solchen Absicht gelegen haben? Haacker weist einen Weg zu einer Interpretation der belasteten Aussagen, die deren Wirkung nicht bestreitet, aber als einen innerjüdischen Diskurs verstehen lässt. Der Antijudaismus-Vorwurf erweist sich so als historisch abwegig, weil anachronistisch.
Ein Kleinod ist die im Nachlass von Helgo Lindner befindliche, hier wohl erstmalig publizierte „Christliche Selbstbesinnung im Angesicht Israels“, in dem der Judaist und Kenner des christlich-jüdischen Dialoges auf denkbar knappem Raum die Knackpunkte dieses schwierigen Verhältnisses abschreitet, die unaufgebbare Bedeutung des Alten Testamentes und der Synagoge für Kirche und Christentum begründet und Klärungen bietet. Eine echte Hilfe für alle, die Orientierung suchen und bieten wollen.
Auch dieses Heft beginnt programmatisch mit einer Predigt. Reiner Braun macht die Weihnachtsgeschichte zum Evangelium des Israel-Sonntags und legt für alles, was zu sagen ist und was in diesem Heft folgt, die theologische, in der Geschichte gegebene Grundlage: Gott ist Jude geworden – in Jesus!
In ihrem Wort zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus markiert Annegret Puttkammer den entscheidenden christlichen Einwand gegen jede Form von Antisemitismus und Antijudaismus. Sie assistiert: Der Jude Jesus ist unser Erlöser. Sie erinnert daran, wie evangelische Kirche und Frömmigkeit das in erschreckender Weise vergessen konnte und lässt das zur Mahnung für die Gegenwart werden.
Wir freuen uns, dass auch in diesem Heft noch ein wenig Platz ist für Rezensionen, die wir denen empfehlen, die angesichts solch schwieriger Fragen und schwerer Erinnerungen in unserem Heft nach leichterer, aber ebenfalls anregender Lektüre suchen.
Seien Sie Gott befohlen in dieser manchmal dunklen Zeit und gehen Sie mit IHM in das neue Jahr, das IHM gehört.
Heinzpeter Hempelmann und Reiner Braun
BIBILISCHE BESINNUNG
Eckhard Hagedorn:
Schöne Braut oder zermürbende Last?
Von der reifenden Liebe zur Gemeinde
AUFSÄTZE
Achim Härtner:
Pionierplätze. Neue Ausdrucksformen von Kirche
in den Niederlanden – ein Vorbild für Deutschland?
When it comes to reflecting new ways of being church for our day and age, discussions and publications mostly are related to the Fresh-Expressions-of-Church-movement in Great Britain. Indeed, much can be learned and has been learned from the British friends and colleagues for our churches in the German-speaking part of Europe. This article focuses on a different, fairly unfamiliar church landscape to learn from: The pioneer places of the Protestant Church of the Netherlands (PKN). During the last seven years, the PKN
has made remarkable efforts to change the game for a long-term declining church: by re-founding itself afresh in a missional theology and by taking the risk of starting a significant number of various pioneer churches, beyond the traditional parish system.
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Michael Herbst:
Wirb oder/und stirb?!
Die Kirche und das Marketing1
This article discusses the relationship between the church’s mandate to proclaim the gospel and marketing. Based on the question of how the good news can be brought to attention in a secularised society,in which faith is far from being self-evident but rather a fading option, it tries to find a theological understanding of marketing. Being aware of several theologically irresponsible (mis-)understandings of the discussed relationship, the author makes the case for a gospel-marketing that neither simply matches its „product“ according to the desires of its „customers“ nor openly ignores the context of its recipients. Gospel-marketing should rather aim to present Christian faith as a valid option again that challenges and changes those whose interest was sparked.
KONTROVERS
Andreas Scheuermann:
„Praise and Worship-Musik“ im Gottesdienst
Elf Thesen, drei präzisierende Fragen und eine Beobachtung zu einem umstrittenen kirchenmusikalischen Phänomen
DOKUMENTATION
Benjamin Hasselhorn:
Das Ernsthaftigkeitsdefizit in der evangelischen Kirche
Heitere Wohlfühltheologie als Holzweg
QUELLE
Martin Niemöller:
Was in der Angst um die Kirche wirklich trägt
BERICHT
Thomas Stil:
Einübung im Christentum: Was bedeutet Christus für mich?
Ein persönlicher Tagungsbericht von ‚Theologie im Kloster‘ 2019
BÜCHER
EDITORIAL
Wie steht es um die Zukunft der Kirche, ja des Christentums in Deutschland und Europa? Aktuelle Umfragen prognostizieren düstere Aussichten: fortgesetzter Mitgliederschwund und davon abhängig weitere Marginalisierung. Woher bekommen wir für das Christentum neue Perspektiven?
Eckhard Hagedorn macht mit Blick in die Bibel auf liebevolle Weise Lust auf Gemeinde und auf von Liebe getragener Gemeindearbeit.
Achim Hartner blickt über den Tellerrand des deutschsprachigen Raums hinaus in die Niederlande, wo die für unseren Bereich vorhergesagten Entwicklungen schon sehr viel weiter fortgeschritten sind, wo man aber gute Erfahrungen macht mit Pionierplätzen, die im Vertrauen auf Gott zu neuen und ungewöhnlichen Schritten ermutigen.
Michael Herbst lotet – im Gespräch nicht nur mit dem Apostel Paulus – aus, wie sich Kirche zu Marketingstrategien stellen sollte, um Menschen zu gewinnen, freilich nicht als Kunden, sondern als Geschwister im Glauben. Auf jeden Fall müssen die Angebote
interessant und erreichbar sein.
Das betrifft natürlich auch die Musik: Was ist da ansprechend für die jüngere Generation? Dieses Themas nimmt sich Andreas Scheuermann an – und kommt dabei überraschenderweise vom Fußball her.
Benjamin Hasselhorn hat einen kritischen Beitrag zur Zukunft der Kirche veröffentlicht, die er auf dem Holzweg sieht, weil sie ihr Eigentliches nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit vertrete. Diesen provozierenden Beitrag dokumentieren wir gerne.
Dass die Zukunft der Kirche schon immer ein Thema war, zeigt auch ein Blick in die Kirchengeschichte des „Dritten Reiches“. Die Lösung, die Martin Niemoller aufzeigt, stimmt mit Einsichten überein, die wir in dieser Zeitschrift seit nunmehr fast 50 Jahren
verfolgen: Mühen wir uns darum, die Botschaft der Bibel für heute recht zu hören. In diesem Sinne: Erwarten wir die Zukunft der Kirche von dem, der heute redet und handelt und zum gelassenen Handeln befreit!
Heinzpeter Hempelmann und Reiner Braun
P. S. Das nächste Heft wird ein Doppelheft und erscheint Ende November. Thematisch wird es um Christen, Juden – und Judenchristen gehen.
P. P. S. Kurz vor dem Drucktermin erhalten wir die erschütternde Nachricht vom Tod unseres Korrektors und PGB-Bruders Pfr. i. R. Helmut Klein. Dieses Heft hat er noch wenige Tage zuvor durchgesehen. Wir erbitten für seine Frau, seine Kinder und seine
Familie den Trost dessen, der lebendig ist und lebendig macht.
BIBILISCHE BESINNUNG
Hermann Miklas:
Die Spannungen zwischen den Starken und den Schwachen in Rom – und kirchliche Entscheidungen heute
Andacht zu Römer 14,1–131
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AUFSÄTZE
Klaus Haacker:
Die Einheit der Kirche in neutestamentlicher Sicht
The article starts with empirical evidence for the unity of the Early Church: the Lord’s prayer,
baptism in His name, and the Lord’s supper. Then it points to the common heavenly origin of
all congregations: the Father, the Lord Jesus, and the Holy Spirit. Then it deals with tensions
which can obscure the Church’s unity: different nationalities, social levels, conflicting convictions,
rivalry among leaders and their followers. It ends with the quotation of several calls for mutual
patience and respect.
Heinzpeter Hempelmann:
Die Kraft des Con
Konkurrenz von Kirchen und in der Kirche als Herausforderung – Grundzüge einer alternativen Ekklesiologie
In his analysis, the author reveals a central contradiction between theoretical ecclesiology and the lived relationship between churches and congregations. In theory, there is no competition between churches because there is only one true church, and because there is no competition with those who belong to us. In practice, however, competition exists between churches, often associated with judgments on each other, whether the other church is even considered to be a "church" or not. The author presents suggestions, how this conflicting condition of church – which is disastrous for Christian witness – can be overcome.
Renate Penßel:
Kirchenrechtliche Leitlinien für kirchenleitendes Handeln, dessen Übereinstimmung mit Schrift und Bekenntnis in Frage steht
This article explores the legal guidelines that bind leading activities of church authorities where the conformity of those activities with the holy scripture or the denomination of the church is questioned. It states that the lack of a consent (magnus consensus) on compliance of a certain church activity with the holy scripture and the denomination of the church is legally relevant: It can be perceived as an (unwritten) principle of protestant church law, that such activities cannot be required by church law, but can merely be allowed. However even such an allowance is not permissible without restrictions. Unlike others, this article concludes that such an allowance, insofar as it implies the church itself to take a stand, is only legitimate in case that a former consent (magnus consensus) on the compliance of the present church law with the holy scripture or the denomination of the church ceased to exist.
Reiner Braun:
Anfechtungen als „Lebenssaft“
Was Dietrich Bonhoeffer denen zu sagen hat, die Gott in seiner Kirche dienen
Are there special trials for those who serve God in his church? Dietrich Bonhoeffer‘s statements on this question are analyzed in their historical context, his statements as a student, as a lecturer at the university, as an instructor of young pastors during the time of the Nazi regime (1933–1945) and the period called Kirchenkampf (struggle within the Protestant Church in Germany), and as a prisoner. An ambivalent picture emerges. On the one hand the devil can be the initiator of trials, trying to undermine faith; on the other hand God himself uses trials in order to take away false safeguards from those who serve him and to bring into focus what is essential: the concentration on Christ.
Editorial
Nein, dies ist nicht primär ein Heft zu Homosexualität und Gender-Mainstreaming. Denn: (1) Die Argumente sind – wenn nicht alles täuscht – im Wesentlichen ausgetauscht. (2) Zu beobachten ist, dass eigentlich gar nicht mehr debattiert wird, sondern nur noch „abgehört“ (vgl. Clemens Hägele in ThBeitr 49,359–367). Es zählen nicht die Argumente, sondern nur noch das richtige oder falsche Ergebnis. Und das kennt man im Prinzip ja schon vorher. (3) Homosexualität und Gender sind nicht die eigentlichen Fragen. Die hidden agenda hinter den Auseinandersetzungen scheint uns eine andere Frage zu sein. Sie kristallisiert sich an den Geschlechterfragen nur an und manifestiert sich hier nur.
Eigentlich geht es um eine andere und viel weiter reichende Frage: Wie können wir als Kirche angesichts der gegensätzlichen Positionen und der ihnen zugrundeliegenden, fundamental unterschiedlichen Hermeneutiken zusammen bleiben? Ja, sind wir in der Segmentierung der weit auseinanderliegenden Haltungen, den gegenseitigen Verwerfungen und dem vielfachen Nicht-mehr-aufeinander-hören-Können und -Wollen überhaupt noch Kirche, eine Kirche?
Differenzierter gefragt: (1) Sind wir als Kirche pluralitätsfähig? Wie werden wir es, ohne die Bedeutung von Positionen zu vergleichgültigen (alles ist erlaubt; alles geht; alles ist evangelisch) und diese – logisch betrachtet – aufzuheben oder umgekehrt die einfach auszugrenzen, die nicht auf Linie sind, unserer Linie natürlich? (2) Wie bestimmen wir Toleranz? Wo liegen die Grenzen von Toleranz, hinüber und herüber? Kann Toleranz als echte Toleranz gegenüber dem, was wirklich ganz anders ist, Grenzen haben? Andererseits: Müssen wir nicht Toleranz als notwendigen Respekt vor der Person des Anderen abgrenzen von der Anerkennung von Positionen, die in der Sache die Aufhebung der eigenen Position bedeuten würde? Können wir Respekt vor dem, was anders ist, weil es im Widerspruch zu den eigenen Auffassungen steht, nur dadurch zeigen, dass wir es als richtig anerkennen? Gilt nicht nach wie vor: Wer kontradiktorische Widersprüche zulässt, sagt gar nichts mehr, jedenfalls nichts Definitives mehr, weil er ja alles, was denkbar und möglich ist, zulässt? Die eine Falle, in die Kirche und Gesellschaft laufen können, ist dieser programmatische Wahrheitspluralismus; er klingt tolerant, ist es aber nicht, weil er letzten Endes jede Position aufhebt. Die andere, ebenso gefährliche ist das Recht der stärkeren Bataillone, das auch in der Kirche zu findende Powerplay. Wir fürchten: Es feiert auch heute in Landeskirchen fröhliche Urständ, notdürftig verhüllt mit dem Mäntelchen vorgeblicher Toleranz.
Exemplarisch für viele EKD-Gliedkirchen kann das am Weg der EKHN in der Frage des Umgangs mit der Trauung/Segnung homosexueller Paare deutlich werden:
• 1986 bemühte sich eine Konsultation, sich dem Phänomen Homosexualität kirchlicherseits anzunähern und es zu beurteilen.
• Seit 2002 konnten dann Segnungsgottesdienste für homosexuelle Paare stattfinden, damals noch unter der Bedingung, dass der jeweilige Kirchenvorstand (KV) zustimmte.
• 2013 kam es zur Gleichstellung der Segnung homosexueller Paare mit der Trauung Heterosexueller. Pfarrer/Pfarrerin bzw. der KV konnte dies jedoch ablehnen. In diesem Fall musste eine Ausweichlösung gefunden werden.
• 2018 hat nun die Synode die Trauung für gleichgeschlechtliche Paare beschlossen und damit eine vollständige Gleichstellung mit heterosexuellen Paaren. Gestrichen hat sie die Möglichkeit der grundsätzlichen Ablehnung einer Trauung Gleichgeschlechtlicher. Die Ablehnung durch Pfarrer/Pfarrerin ist seither nur noch im Einzelfall möglich, wie dies auch bei anderen Amtshandlungen geschieht, sobald Gewissensgründe vorliegen.
In der den Beschlüssen vorangehenden synodalen Debatte wurde bezeichnenderweise intensiv über die Beibehaltung des doch eigentlich durch die Lebensordnung garantierten Gewissensvorbehaltes diskutiert. Weitergehende Voten plädierten sogar für dienstrechtliche Konsequenzen gegenüber denen, die sich der Position der Mehrheit nicht anschließen. Es könne keine Toleranz gegenüber solchen geben, die sich selber intolerant zeigten. Die Diskriminierung solcher – bis hin zum Berufsverbot – sei erlaubt, die andere durch ihre Haltung diskriminierten. Dreierlei ist an diesem Diskussionsgang bemerkenswert:
1. Aus Mehrheitspositionen, die sich für Toleranz gegenüber Minderheiten öffnen, können sehr schnell Minderheitenpositionen derer werden, die nur mit Mühe – noch! – von denen geduldet werden, die einst Toleranz einklagten. 2. Toleranz ist offenkundig für die, die sie einfordern, nur so lange ein Wert, wie er nutzt, sich durchzusetzen. Hat man dieses Ziel erreicht, ist ein echtes Stehen-Lassen anderer nicht mehr sinnvoll. Wenn es um die gute, richtige Sache geht, kann man auch – nicht mehr benötigte – Grundüberzeugungen in Frage stellen.
3. Wer die Mehrheitsmeinung – und sei sie quantitativ noch so überwältigend – zum Maßstab für Toleranz macht, hat noch nicht begriffen, dass Toleranz doch gerade da anfängt und gerade da gefordert ist, wo sie auf das trifft, was wirklich anders und fremd ist. Eine Toleranz, die Grenzen zieht und nur das dulden will, was der eigenen Position zumutbar zu sein scheint, ist nicht tolerant, widerspricht sich selbst und hebt sich damit auf. Wer sich absolut setzt, indem er selber definiert, was tolerabel ist und was nicht, ist nicht tolerant.
Diese Diskursreflexionen münden in pastoraltheologische Konsequenzen. Sie betreffen Kirchenverfassungen und ihren Umgang mit „Abweichlern“, das Dienstrecht und nicht zuletzt junge Menschen, die sich überlegen, ob es in EKD-Mitgliedskirchen für sie noch Berufsperspektiven gibt. Die hier exemplarisch durchgeführte Reflexion ließe sich nicht nur für viele andere Landeskirchen nachvollziehen, sie ist weit über das Schlüsselthema Homosexualität und Gender hinaus virulent und relevant.
Wie gehen wir in einer mental fragmentierten Kirche miteinander um, unabhängig von den jeweiligen, aktuellen Mehrheitsverhältnissen? Können wir in einer durch noch weitgehendere soziokulturelle Segmentierung bestimmten Gesellschaft ein Exempel abgeben, wie man konstruktiv nicht zu überwindende Differenzen gestalten kann, „intolerant“ in der Sache, aber tolerant gegenüber der Person, die so ganz anders tickt und denkt?
Die Beiträge dieses Heftes leisten auf unterschiedliche Weise eine Hilfestellung zur Beantwortung der angeschnittenen Fragen.
Hermann Miklas macht in seiner wegweisenden Meditation über die Starken und die Schwachen in Rom deutlich, dass unsere heutigen Herausforderungen in der Sache nicht neu sind, und zeigt überdies, wie sich angeleitet durch die Heilige Schrift spezifisch evangelische, vom Evangelium getragene Lösungsperspektiven für Einheit und Verschiedenheit finden lassen.
Klaus Haacker führt in seinem ebenso elementaren wie fundamentalen biblisch-theologischen Kompendium vor, was die Einheit der Kirche bei allen Unterschieden ausmacht und worauf wir uns zurückbeziehen können.
Heinzpeter Hempelmann lässt sich auf das Phänomen faktischer Pluralität nicht nur innerhalb von Kirchen, sondern von Kirchen untereinander und die dadurch gegebene Konkurrenz ein. Er fragt: Wie können Kirchen miteinander umgehen, die in ihrem Kirche-Sein füreinander fraglich sind? Was verbindet sie, und wie können sie Schritte auf dem Weg zu einem gemeinsamen Zeugnis gehen?
Renate Penßel behandelt aus kirchenjuristischer Sicht die Frage, wie kirchenleitende Spielräume aussehen, wenn es keinen magnus consensus gibt. Von wegweisender Bedeutung ist ihre Feststellung: „Der soweit ersichtlich überwiegende Teil des kirchenrechtlichen Schrifttums hält auch in dieser Dissens-Situation kirchenleitendes Handeln (angesichts des gleichzeitigen Fehlens eines magnus consensus für Schriftrelevanz und Schriftwidrigkeit) für möglich – allerdings unter der Einschränkung, dass „ein Handeln, das für seine Übereinstimmung mit Schrift und Bekenntnis keinen magnus consensus in Anspruch nehmen kann, (…) nicht zum Gegenstand einer kirchlichen Rechtspflicht gemacht werden (darf ).“
Reiner Braun geht in die Zeit Bonhoeffers zurück, als die Einheit der Kirche offenkundig zerbrochen war und manche Exponenten der Kirche in besonderer Weise angefochten waren. Der Aufsatz hilft, Anfechtungen nicht nur als Werk des großen Gegenspielers der Kirche zu sehen, sondern auch als Hilfen, sich neu auf das zu konzentrieren, was für Kirche essentiell ist.
Übrigens: Der Frage nach der Zukunft der Kirche wird sich unser Heft 4 stellen. Beide Hefte werden sich so gegenseitig ergänzen.
Heinzpeter Hempelmann und Reiner Braun
Mit diesem Heft grüßen die theologischen beiträge Professor Dr. Heinzpeter Hempelmann nachträglich zu seinem 65. Geburtstag: den Autor und Herausgeber, seit drei Jahren auch für den Rezensionsteil verantwortlich, den lernenden und lehrenden Wissenschaftler, den Bibelleser und
Beter, den leidenschaftlichen Streiter und noch leidenschaftlicheren Versöhner, den Seelsorger und – als solcher viel zu selten aktiven – Prediger, den vielfach gefragten Lehrer und Referenten, den Weggefährten, Gesprächspartner und Freund, den in allem von Gott geliebten und getragenen und reich gesegneten Bruder – mit den besten Wünschen, insbesondere für seine in den letzten Jahren keineswegs immer stabile Gesundheit und für seine durch die Krankheit seiner liebe Ehefrau seit vielen Jahren angefochtene Familiensituation! Dass er trotzdem über die mit diesem Geburtstag gesetzte Altersgrenze hinaus die Verantwortung für unsere Zeitschrift zu übernehmen bereit ist, nötigt nicht nur Respekt ab, sondern ist zutiefst Grund zur Dankbarkeit – ihm gegenüber und vor allem dem gegenüber, der ihn bis hierher durchgetragen hat. Dass er dies auch weiterhin tun wird, ist unser Gebet.
Pfarrer Dr. Reiner Braun, Herausgeber und Schriftleiter
Pfarrer Dr. Johannes Reinmüller, Pfarrerinnen- und Pfarrergebetsbund
BIBILISCHE BESINNUNG
Michael Herbst:
Befreiung von der drückenden Sorge
AUFSÄTZE
Alister McGrath:
Erzähltes Evangelium – Erzählende Kirche?
Zur Aufgabe und zum Wesen narrativer Apologetik
This article sets out the case for a narrative apologetics, understood not simply as an approach to theology which opportunistically uses stories, but one which is grounded in the fundamentally narrative nature of the Christian faith. The essay draws especially on C. S. Lewis in both making the case for the use of narratives in Christian apologetics, and also considering some ways in which a narrative apologetics might be developed further. In particular, it highlights the importance of showing that a Christian narrative has an imaginative and rational appeal that exceeds that of its secular alternatives.
Das englische Original finden Sie hier.
Maximilian Zimmermann:
Im Anfang war das Bild?
Impulse der Theologie Martin Kählers zur gegenwärtigen theologischen Diskussion um den iconic turn
Gottfried Boehm’s term iconic turn implies the priority of the image over the word, for the meaning of language is based on visual perception. This is inconsistent with the widespread theological emphasis on the priority of the word, often with reference to John 1:14 and Romans 10:17. However, the Protestant theologian Martin Kähler (1835–1912) placed emphasis on pictoral terms such as image, impression and portrait. Kähler did so based on his understanding of revelation as defined by Col 1:15: the invisible God revealed himself through visible or scenic events in history, or through images (e.g. Mark 15:39). Therefore, images are highly significant for the biblical understanding of God’s revelation in history and continue to be essential to Christian life and theology by being put into words (and texts) and by being communicated to others (through words) as normative images of salvation history..
DOKUMENTATION
„Nicht unser Jesus“ – „Reclaiming Jesus“ – Ein aktuelles Bekenntnis besorgter Christen und Christinnen in den USA von 2018 – mit einer Einleitung aus deutscher Sicht von Peter Strauch
und in einer Übersetzung von Marcus Tesch
BERICHT
Beate Schütz
Rache, Vergeltung, Vernichtung – wohin mit den sog. Feindpsalmen?
Ein Literaturbericht über neuere Ergebnisse der alttestamentlichen Forschung
Diesen Aufsatz können Sie kostenlos downloaden.
BÜCHER
Editorial
Des vielen Büchermachens ist kein Ende, und viel Studieren macht den Leib müde, warnt schon der Prediger (12,12). Damit Sie angesichts der Bücherflut nicht ermüden oder gar resignieren, beobachten wir für Sie die Verlagsszene, wählen gezielt besprechenswerte Neuerscheinungen und suchen kompetente Rezensenten. Ganze 6451 Seiten haben unsere Autoren allein für dieses Heft gelesen – die Rubriken „Bericht“ und „Kontrovers“ nicht berücksichtigt.
Der führende anglikanische Theologe Alister McGrath nimmt die mediale Frage auf. Er zeigt, dass die in postmoderner Kultur richtungweisend gewordene Dimension des Narrativen seit jeher für Kirche und Theologie eine fundamentale Bedeutung hatte und für Verkündigung und Apologetik wieder neu gewonnen werden sollte.
Maximilian Zimmermann geht auf eine weitere wesentliche Veränderung in der medialen Welt ein: den iconic turn. Wie halten wir es mit dem Bild – als Kirche des Wortes? Vf. nimmt einen wichtigen Anstoß aus der Theologie Martin Kählers auf: Die Offenbarung des unsichtbaren Gottes vollzieht sich, indem er sichtbar wird, Geschichte wird. Inkarnation ist ein nicht nur abstrakt zu denkendes, sondern ein höchst „anschauliches“ Geschehen.
Wir dokumentieren überdies die Erklärung „Nicht unser Jesus“ (Reclaiming Jesus), auf die sich ein breites Bündnis von Kirchen in den USA 2018 verständigt hat. Peter Strauch gibt eine kurze Einführung in die Vorgänge, die zu dieser Erklärung geführt haben. Das Dokument kann einerseits den Blick auf US-Evangelikale differenzieren helfen. Es muss aber auch hierzulande fragen lassen, ob es eine geradezu naturgemäße Verbundenheit zwischen konservativen Christen und konservativer Politik gibt.
Wie wir mit Gewalt-Texten im AT umgehen, ist und bleibt eine der bedrängendsten biblischtheologischen Fragen. Beate Schütz gibt wertvolle Hinweise, wie jenseits von Sachkritik, Verharmlosung oder Verschweigen neue Ansätze in der Forschung einen sachgemäßen und hilfreichen Zugang finden lassen. Sie leitet dazu an, die Rache-Psalmen aus der Opfer-Perspektive zu lesen und zu entdecken, wie hilfreich, rettend, befreiend diese dann wirken können.
Rainer Riesner setzt sich mit der viel beachteten Veröffentlichung des Historikers Johannes Fried auseinander und begründet mit historischen Mitteln, warum auch diese neueste Variante der Scheintodhypothese nicht zu überzeugen vermag und die Osterbotschaft nicht unterminieren kann.
Wir beginnen unser Heft mit dem Buch der Bücher, mit der Anweisung Jesu: „Sorget nicht!“ Michael Herbst fragt nach: Darf man denn sorglos sein? Er deckt auf, von woher dieser Imperativ allein Sinn bekommt, und er arbeitet die praktischen Empfehlungen heraus, die Jesus gibt, um ihm folgen zu können!
Mit diesem Heft verabschieden wir uns von Prof. Dr. Johannes Triebel (Erlangen) als Mitglied des Beirats unserer Zeitschrift. In 18 Jahrgängen hat er seine missions- und islamwissenschaftlichen Kompetenzen eingebracht. Dafür sagen wir ihm auch an dieser Stelle großen Dank für seinen Einsatz.
Heinzpeter Hempelmann und Reiner Braun
BIBILISCHE BESINNUNG
Reiner Braun:
Jesus und seine Engel im Leiden. Predigt über Matthäus 26+27 mit einem Bild von Günther W. Hartig
(Download des Bildes unter "Extras")
AUFSÄTZE
Jörg Frey:
„Seht, euer König!“ Die Johannes-Passion als Sehschule des Glaubens
Starting with some observations on the text of Johann Sebastian Bach´s St. John’s Passion, the article provides an interpretation of the Johannine passion narrative as a deliberately crafted instruction for readers to “behold” Jesus, the Crucified One, as the true king. The whole gospel, and in particular the presentation of Jesus’s trial and passion, are designed to bring readers to an appropriate perception of and, thus, to faith in Jesus as the glorified Crucified One. Readers are called to perceive his passion not as a story of failure, but of vindication, not as the end, but as the foundation of faith and new life, and the appropriate response is not compassion but trust in the ‘fruits’ of his vicarious death. The article first sketches the differences between the four canonical passion accounts and the unique character of the Johannine account. Then, it presents the various interpretive categories introduced in John long before the actual beginning of the passion. In its main part, the scenes from John 18 – 19 are briefly interpreted with special focus on the literary devices presenting Jesus’s royal sovereignty, the motif of his kingship or even judicial authority over his judge Pilate, and the completion of his ministry and the Scriptures in his death. In conclusion, the Johannine view of the death of Jesus is briefly summarized, before some final remarks again point to the ingenious reception of John’s theology and in particular the aspect of mutual representation or ‘placetaking’ in the textual web of Bach’s masterpiece.
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Rainer Riesner:
Golgatha und das Grab Jesu – stumme Zeugen für Passion und Auferstehung
The so-called "Garden Tomb" north of Jerusalem‘s Old City as well as the "Talpiot Tomb" in the southern suburb Talpiot are to be excluded as the site of the tomb of Jesus. According to traditional testimonies and archaeological evidence Golgotha and the empty grave of Jesus are to be located within the Church of the Holy Sepulchre.
Rouven Genz:
Die Dornenkrone Jesu. Erwägungen zu ihrer soteriologischen Bedeutung
This article highlights the crown of thorns as an important theological component in the passion narrative. The usual interpretations based on historical analogies are resumed, including the question what the crown was made of. The crucial point, however, is the connection with the thorns in the narrative of the Fall (Gen 3:18). This becomes clear not only from the verbal nexus, but also as the understanding in the early church is surveyed: Until the fifth century many different authors confirm that the wreath of thorns is not only an insignia of Jesus’ kingship or an instrument of torture. It also warrants that the old curse and misery of humankind is being
removed through the one bearing the thorns on the cross.
Michael Herbst:
Das Gotteslob. 20 angriffslustige und angreifbare Thesen zu einer umstrittenen Frage – aus praktisch-theologischer Sicht
Praise Music has a strong impact on local churches in different denominations. Modern worship songs are rooted in popular music styles and a more or less charismatic theology and spirituality. Some international churches like Hillsong are very influential producers of worship songs. This paper tries to offer criteria for the evaluation of worship songs and their role in protestant worship services. It pleads for a positive reception of these songs, if they measure up to the criteria for worship taken from the psalms and the protestant tradition of hymns (e.g, Paul Gerhardt), and if they represent the whole range of expressions of faith/life from great joy to lamentation.
BÜCHER
Editorial
Ein Heft zum Thema Passion? Kann man dazu noch Neues sagen? Aufregendes? Etwas, das der Kenntnisnahme wert ist?
Musik und Kunst bahnen überraschende Wege, auch in diesem Heft. Während wir Ihnen ein Gemälde zwar verkleinert, aber doch – zum zweiten Mal in der Geschichte dieser Zeitschrift – in Farbe präsentieren können, hoffen wir, dass Sie die Musik parat haben oder sogar live erleben können.
Reiner Braun lässt in seiner Karfreitagspredigt ein Bild des Künstlers Günther W. Hartig („Angesichts des Todes“) zum Medium werden, um des Karfreitagsgeschehens durch verschiedene Perspektivwechsel neu ansichtig zu werden.
Sodann melden sich drei Neutestamentler zu Wort.
Jörg Frey entfaltet die johanneische Darstellung der Passion Jesu als „Sehschule des Glaubens“, indem er auf der Basis exegetischer Einsichten deutlich macht, wie schon das Johannesevangelium dazu anleitet, im Leiden Jesu seine Herrlichkeit zu identifizieren, „als Geschichte nicht des Scheiterns, sondern der Überwindung des Todes, nicht des Endes, sondern eines neuen Anfangs“. Sein nicht nur exegetischer Beitrag greift dazu auf das musikalische Medium der Johannespassion J. S. Bachs zurück.
In seinem Forschungsbericht „Golgatha und das Grab Jesu – stumme Zeugen für Passion und Auferstehung“ informiert Rainer Riesner nicht nur über die Geschichte und den aktuellen Forschungsstand der Suche nach dem Grab Jesu. In seiner Darstellung werden die stummen steinernen und literarischen Zeugnisse zu beredten Zeugen dessen, was die Mitte des Neuen Testaments ausmacht: verbum dei incarnatum est. Es zeigt sich erneut: Christliche Archäologie ist eine der besten Medizinen gegen eine verharmlosende Spiritualisierung des christlichen Glaubens.
Rouven Genz nimmt diese Linie auf. Er fokussiert mit der Dornenkrone eines der zentralen theologischen Elemente der Passion Jesu. Ausgehend von historischen Analogien stößt er zu zentralen biblisch-theologischen Bezügen und einer aufschlussreichen theologischen Deutung durch.
Wenn sich von Seiten der Praktischen Theologie Michael Herbst zum Thema Worship äußert und seine kritische Sicht in grundsätzliche Überlegungen über das Gotteslob einbettet, so sind die Bezüge zur Passion hier eher indirekter Natur, aber durchaus gegeben: Wie werden wir mit unserer liturgischen Antwort eigentlich diesem Geschehen der tiefsten Liebe und Herunterlassung Gottes im Leiden Jesu gerecht?
Mit den Rezensionen möchten wir Sie, wie immer, auf interessante und bemerkenswerte Veröffentlichungen aufmerksam machen.
Einen ganz besonderen Gruß überbringen wir mit diesem Heft an unser langjähriges Beiratsmitglied Jörg Ohlemacher zu seinem 75. Geburtstag in großer Dankbarkeit für sein Engagement und seine Verbundenheit mit unserer Zeitschrift.
Heinzpeter Hempelmann und Reiner Braun
MISZELLE
Klaus Haacker:
Rätsel um Maria. Überlegungen zu Lk 1,34 und 1,27; 2,5 (326-331)
AUFSÄTZE
Henning Wrogemann:
„Wir glauben doch alle an denselben Gott …“ – wirklich? Zur Kritik einer Floskel am Beispiel Liebe Gottes in Koran und Neuem Testament (332-347)
The dialogue-paper presented by the High Consistory of the Protestant Church in Baden in July 2018 is critically reviewed with regard to its inherent theology of religion. Based on an analysis of the theme of the love of God in both, the Qur‘an and the New Testament, it is shown that these two notions of God are incompatible, and that it is only possible to postulate their compatibility with the help of thought patterns which are based on convictions of religious pluralism. This approach is submitted to fundamental critique. The author raises the question what the task of church leadership can be with regard to questions in the field of theology of religion.
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Christian Pohl: Mit Bildung gegen die „Häresie unserer Zeit“. Die EKD-Synode in Berlin-Weißensee 1958 (348–358)
In April 1958 the curch council of the „Evangelische Kirche in Deutschland“ (EKD) sat in conference in Berlin-Weißensee. This conference was criticized and disturbed by political agitation of the „German Democratic Republic“. Also the main topic of the conference, “Church and education”, was a target of political propaganda which proclaimed, that education should be an exclusive duty of the state. In the theological discussion of this ideology the church council referred to the claim of the first commandment as a main criterion even in questions of education. – The “jubilee” of this education-conference of the EKD still evokes some urgent questions for today: Is the claim of the first commandment still named as a criterion of education in the face of the ideological situation of our time and society? Where do we have to remember this claim as a critical criterion for a christian view of the problems of our postmodern society?
KONTROVERS
Clemens Hägele:
"Die Argumente sind doch längst ausgetauscht …“ Warum dieser Satz in der Regel nicht stimmt und wir dringend eine Erneuerung der theologischen Debatte in der Kirche brauchen (359–367)
BERICHT
Reiner Braun:
Der Dreißigjährige Krieg – ein Religionskrieg? (368-376)
BÜCHER (377-384)